Freytags-Frage

Terror, Chaos, Populisten - wie geht es mit der Weltwirtschaft weiter?

Angst bestimmt die Weltpolitik - ob nach Anschlägen in Europa, einem versuchten Putsch in der Türkei oder im US-Präsidentschaftswahlkampf. Für die Weltwirtschaft ist das Gift, denn Abschottung hilft uns nicht weiter.

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Wenn die Angst dominiert, ist die Weltwirtschaft in Gefahr, warnt WiWo-Kolumnist Andreas Freytag. Quelle: dpa

Die Welt dreht sich im Moment nur sehr schwergängig. Terror und Gewalt erfassen zunehmend den europäischen Kontinent, die türkische Regierung hat offenbar jedes Maß verloren, in den USA kann ein Kandidat mit völligem Unsinn punkten, und die aus all diesen resultierende Verunsicherung in der Bevölkerung führt dazu, dass Politiker mit einfach gestrickten Lösungen für komplexe Probleme erheblich an Zulauf gewinnen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierungen in der Europäischen Union (EU) recht ratlos wirken.

Das Muster der Lösungen der Simplifizierer ist immer dasselbe: Abschottung. Der eine große Denker, Herr Trump, will eine Mauer zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten (USA) bauen, der andere, Herr Gauland, will das Asylrecht für Muslime aussetzten. Aber nicht nur sogenannte Rechtspopulisten wie diese beiden Herren oder Frau Le Pen wollen die Ausländer oder ausländische Produkte von ihrem Land fernhalten, auch die Linke macht Druck gegen „die da draußen“.

Ob das transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP), das kanadisch-europäische Abkommen (CETA) oder weitere Marktöffnung im multilateralen Rahmen, viele Politiker der Linken, die erstaunlicherweise nicht als Linkspopulisten verhöhnt werden, wollen die Märkte geschlossen halten.

Dabei ist ihre Geschichte genauso einfältig wie die von Trump oder Gauland: Globalisierung helfe nur den zumeist amerikanischen Konzernen, die Menschen blieben auf der Strecke, die Umwelt breche zusammen. Die empirische Evidenz wird großzügig ignoriert.

Dabei braucht es keine ausgefeilten ökonometrischen Modelle, die es sehr wohl gibt, um zu zeigen, dass Globalisierung für den überwiegenden Anteil der Beteiligten einen Wohlstandsschub bewirkt. Es recht schon der Augenschein: Fragen Sie doch mal in Nordkorea oder Kuba, in Venezuela oder Zimbabwe nach, wie gut es den Leuten dort – weitgehend vom Außenhandel abgeschnitten – so geht.

Wenn diese Gemengelage nicht so bedrohlich wäre, könnte man es bei einigen zynischen Kommentaren belassen. Das Problem aber ist, dass die Rezeptur sich abzuschotten, den Frieden und Wohlstand keineswegs sichert. Ganz im Gegenteil, es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass die Perioden mit Offenheit und Außenhandel mit Wohlstand und Frieden einhergingen. Phasen der Abschottung, des „Wir gegen die“-Nationalismus gingen mit Kriegen und Armut (bei sich verschlechternder Umweltqualität) einher.

Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig und entziehen sich einer eindimensionalen Erklärung. Allerdings kann man durchaus ökonomisch diskutieren: Außenhandel führt dazu, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreise sich besser kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen. Vorurteile werden abgebaut. Dies gilt natürlich nicht für jeden Einzelfall. Dennoch ist es sicher keine Überraschung, dass die Bewegung Pegida in Sachsen entstanden ist; vermutlich kennen viele ihrer Anhänger Muslime nur aus Karl-May-Büchern.

Außerdem erhöht Außenhandel die Opportunitätskosten der Gewalt; führt man Krieg mit seinen Handelspartnern, hat man viel zu verlieren. In dieser Logik liegt ein Teil der europäischen Erfolgsgeschichte; möglicherweise mehr als im Narrativ der europäischen Werte.

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