Italiens Banken Der doppelte Renzi

Der italienische Premier Matteo Renzi bringt die nächste Etappe der Bankenreform durch: Durch die „Mini-Bad-Bank“ können Banken staatliche Garantien bekommen. Gleichzeitig legt er nach mit seiner Kritik an Brüssel.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Italians Premier Matteo Renzi betont, dass das italienische Bankensystem solide sei. Quelle: dpa

Rom Wenn's eilt, müssen die Minister in Rom auch nachts tagen. Um 21.40 Uhr am Mittwochabend berief der italienische Premier Matteo Renzi das Kabinett ein, um das zu beschließen, worauf die Märkte seit zwei Wochen warten: die Umsetzung des Kompromisses mit der EU-Kommission zur Einrichtung eine „Mini-Bad-Bank“ und der nächste Schritt bei der Reform des Bankensektors in Italien. Der Grund für die Spätschicht: Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan wollte und sollte Beschlüsse aus Rom mitbringen zum Treffen der Eurogruppe am Donnerstag.

Nach vier Stunden Sitzung, mitten in der Nacht, trat Renzi, im Hemdskragen und mit Augenringen, vor die Presse und verkündete die Beschlüsse: Der von Minister Padoan und der EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager vor zwei Wochen ausgehandelte Kompromiss für das Abschmelzen der milliardenschweren faulen Kredite in den Bilanzen der italienischen Banken wird per Gesetzesdekret umgesetzt.

Mit der „Mini-Bad-Bank“ sollen die Banken die Option erhalten, staatliche Garantien zu bekommen. Damit wird es ihnen leichter gemacht, die Problemkredite abzustoßen. Der beschlossene Mechanismus sieht allerdings vor, dass die Banken diese Garantien zu Marktpreisen kaufen müssen.

Das soll verhindern, dass die EU-Kommission erneut unerlaubte Beihilfen vermutet. Die Kommission hatte am Mittwoch ihr endgültiges OK zum Kompromiss mit Italien gegeben.

Der zweite Beschluss ist die Reform der kleinen Genossenschaftsbanken, über die seit Wochen spekuliert wird. „Wir sind das Land mit den meisten Banken“, räumte Renzi in der Pressekonferenz ein. Deshalb nun die zweite Stufe der Reform. Die mehr als 300 kleinen Banken waren zuvor aufgefordert worden, selbst Wege zur Konsolidierung zu suchen. Sie sollen nun fusionieren und unter dem Dach einer Holding stehen.

Vor einem Jahr hatte die Regierung im ersten Schritt beschlossen, dass sich die etwas größeren Volksbanken bis Ende dieses Jahres in Aktiengesellschaften umwandeln müssen. Das sei eine klare Strategie, sagte Renzi und wiederholte, dass das italienische Bankensystem solide sei. „Ich mache mir mehr Sorgen um die Banken anderer Länder“, sagte er und wenn es in Deutschland eine Krise gebe, habe das auch Auswirkungen auf Italien.


„Austerität genügt nicht“

Verschoben wurde ein Dekret, in dem es um die Entschädigung von Sparern geht, die als Besitzer von nachrangigen Anlagen bei der Pleite von vier Regionalbanken im November ihr Geld verloren hatten. Dafür sei aber Geld im gerade erst verabschiedeten Haushalt 2016, so Renzi.

Doch gleichzeitig zu den neuen Reformen legte der Premier nach in seinem monatelangen Dauerstreit mit Brüssel und der Kommission. Diesmal in einem offenen Brief in der Tageszeitung „La Repubblica“, den die Zeitung sogar in der englischen Version online stellte.

„Europa hat in den letzten Jahren den falschen Weg beschritten“, schreibt Renzi. Während die USA in den vergangenen acht Jahren auf Wachstum, Investitionen und Innovation gesetzt hätten, habe Europa nur Austerität, Währung und Sparkurs im Auge gehabt. Das Resultat sei, dass es den USA heute wirtschaftlich wesentlich besser als vor acht Jahren gehe, Europa wesentlich schlechter.

„Austerität genügt nicht“, so Renzi weiter. Das sehe man daran, dass in Europa lediglich die Länder gewachsen seien, die auf offenkundige Weise die Defizit-Regeln missachtet haben. Er meint Großbritannien und Spanien. Wichtig sei auch eine einheitliche Vision bezüglich des Finanzsystems.

Den deutsch-französische n Vorschlag, einen gemeinsamen Finanzminister für Europa einzusetzen, kritisiert Renzi. „Heute ist das zentrale Problem der Wirtschaftspolitik in Europa nicht das eines Superministers, sondern der Richtung“, schreibt er.

Und am Tag nach dem Treffen der Außenminister der EU-Gründerstaaten am Dienstag in Rom hatte er noch einmal nachgelegt und in einem Interview  mit Bloomberg TV gesagt: „Die EU ist wie das Orchester, das auf der 'Titanic' spielte, bis diese bei der Schiffskatastrophe 1912 im Nordatlantik versank.“ Er liebt halt starke Worte.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%