Julian Assange Ecuador und Wikileaks streiten über Internetzugang

Wikileaks-Gründer Assange inszeniert sich als Kämpfer gegen staatliche Geheimnistuerei. Dennoch ist er auf die Hilfe von Regierungen angewiesen. Mit einer von diesen scheint er sich jetzt überworfen zu haben.

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Julian Assange: Ecuador und Wikileaks streiten über Internetzugang Quelle: AP

Ecuador hat die Verantwortung für den gekappten Internet-Zugang von Wikileaks-Gründer Julian Assange übernommen. Man habe Assanges Kommunikationsverbindungen in Ecuadors Botschaft in London „vorübergehend eingeschränkt“, teilte das Außenministerium in Quito am Dienstag mit. Assange genieße aber weiter Asyl. Wikileaks warf dem Land vor, sich Druck aus den USA gebeugt zu haben.

Ecuador bestritt das. Wikileaks hatte mitgeteilt, Assanges Internetzugang sei am Samstag von einem nicht näher bezeichneten staatlichen Akteur gekappt worden. Assange beantwortete auch keine Anrufe, E-Mails und Textbotschaften. Die Enthüllungsplattform veröffentlicht seit Tagen Dokumente, die bei Hackerangriffen auf das Wahlkampfteam von US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton erbeutet worden sind.

Ecuador versicherte, es habe Assanges Kommunikationsverbindungen aus eigenem Entschluss gekappt. Man respektiere die Souveränität anderer Staaten und mische sich nicht in deren Wahlkampf ein. Was Wikileaks veröffentliche, sei ausschließlich Sache der Enthüllungsplattform.

Protokoll einer Achterbahnfahrt - Der Wahlkampf in den USA

Das Vorgehen Ecuadors gegen Assange habe darauf keinen Einfluss. Wie weit die Kommunikations-Beschränkungen für ihn reichen, wurde nicht mitgeteilt.

Wikileaks erklärte dagegen unter Berufung auf „mehrere US-Quellen“, US-Außenminister John Kerry habe Ecuadors Präsident Raffel Correa Ende September in Kolumbien getroffen und diesen aufgefordert, die Veröffentlichung von Dokumenten über Clinton zu unterbinden. Das Außenministerium in Washington widersprach. Kerry sei mit Correa in Kolumbien gar nicht zusammengetroffen, sagte Sprecher Mark Toner. „Es gab einfach kein Treffen“, sagte er. „Sie haben nicht von diesen Dingen besprochen.“

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Wikileaks erklärte, man setze einen „Notfallplan“ um. Die Gruppe veröffentlichte auch am Dienstag E-Mails von engen Clinton-Mitarbeitern. Das Twitter-Konto der Plattform schien wie üblich zu funktionieren. Mitarbeiter der Plattform und der Botschaft antworteten aber nicht auf Anfragen. Die USA machen Russland für Hackerangriffe auf die Demokraten und Wahlbehörden verantwortlich und werfen Moskau vor, die Präsidentenwahl beeinflussen zu wollen. Russland bestreitet das. Assange selbst hat sich kritisch zu Clinton geäußert und angekündigt, sie mit Enthüllungen bloßzustellen.

Er befindet sich seit mehr als vier Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London, weil er seine Auslieferung an Schweden verhindern will. Dort wird gegen ihn wegen Vergewaltigung ermittelt. Assange befürchtet, von Schweden in die USA überstellt zu werden, die ihn wegen der Veröffentlichung von Geheimmaterial vor Gericht stellen wollen. Das US-Medienunternehmen BuzzFeed veröffentlichte Dokumente, denen zufolge es zu Spannungen zwischen Assange und Botschaftsmitarbeitern gekommen ist. Über das Wochenende hatte Wikileaks drei Zeilen mit Zeichen veröffentlicht, die es als „Entschlüsselungs-Code“ bezeichnet und mit den Dateinamen „John Kerry“, „Ecuador“ und „FCO“ (die Abkürzung für Foreign and Commonwealth Office - britisches Außenministerium) versehen hatte. Experten werteten das dies als Drohung mit der Veröffentlichung kompromittierender Dokumente.

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