Kampf gegen den IS Putin und Hollande für breite Koalition gegen Terrorismus

USA, Großbritannien, Deutschland – und nun Russland: Frankreichs Präsident Hollande reist durch die Welt, um Unterstützer im Kampf gegen den IS zu gewinnen. Auch Kremlchef Wladimir Putin will eine engere Zusammenarbeit.

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Schon vor den Anschlägen in Paris hatte Russland 224 Tote nach einer Bombenexplosion in einem russischen Passagierflieger zu beklagen. Seitdem hat Moskau seinen Kampf gegen den IS intensiviert. Quelle: dpa

Moskau Die Narben der Terroranschläge in Paris sind auch in Moskau sichtbar – zwei Wochen nach dem Tod von 130 Menschen. „Wir trauern mit euch“, steht in blutroter Farbe auf einem Schild. Es lehnt an einem Berg aus Blumen vor der französischen Botschaft in Sichtweite der Kreml-Türme.

Die Solidarität der Russen nach der verheerenden Anschlagsserie lässt Frankreichs Präsident François Hollande bei seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin hoffen - auf eine Annäherung zwischen dem Westen und Russland. Der Kampf gegen die Terrorschergen des sogenannten Islamischen Staates (IS) ist das einende Element der im Syrien-Konflikt zerstrittenen Weltmächte. Kann Hollande eine Brücke schlagen und Putin für eine große internationale Koalition gewinnen?

Am Donnerstag fallen Worte, die derartige Hoffnungen nähren. „Wir müssen diese breite Koalition gemeinsam bilden, um den Terrorismus zu schlagen“, sagt Hollande bei seinem Treffen mit Putin. Und auch der Kreml-Chef zeigt sich offen dafür, die Bemühungen beider Länder zu vereinigen. „Wir sind bereit zu dieser Zusammenarbeit, mehr noch, wir halten sie für absolut notwendig“, sagt Putin seinem Gast. Vor dem Treffen wählte er zudem die Formulierung: „Es sollte endlich eine einheitliche mächtige Kraft entstehen, die die Handlungen des russischen Militärs unterstützt, das erfolgreich gegen Terroristengruppen in Syrien vorgeht.“

Doch kratzt man nur leicht an der Oberfläche, kommen die Differenzen zwischen den Akteuren zum Vorschein. Der Westen, mit den USA an der Spitze, ist zum Kampf mit vereinten Kräften bereit, sofern Russland seine Hilfe für den syrischen Machthaber Baschar al-Assad aufgibt und sich auf einen Machtwechsel in dem Bürgerkriegsland einlässt.

Russland hingegen will zwar nicht um jeden Preis Assad, wohl aber das syrische Regime als solches an der Macht halten. Die russische Führung betont, dass sich ihr Militäreinsatz vor allem gegen den IS richtet. Aber Experten sind überzeugt: Der IS spielt eine Nebenrolle auf der Liste mit Zielen der russischen Kampfpiloten.

Frankreichs Präsident will die Gräben schließen und Putin mit ins Boot holen. Er sieht die Grande Nation im „Krieg“ mit dem Terrorismus. Doch er weiß, ohne militärische Hilfe kann die Atommacht diesen Feldzug nicht gewinnen. Dem Treffen mit Putin ging ein diplomatischer Marathon von Treffen mit US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premier David Cameron und Kanzlerin Angela Merkel diese Woche voraus.

Auch die sonst zurückhaltende Kanzlerin ist inzwischen überzeugt: „Der Islamische Staat muss mit militärischen Mitteln bekämpft werden.“ Am Donnerstag beschließt die Bundesregierung, als Konsequenz aus den Pariser Anschlägen mit „Tornado“-Aufklärungsjets und einem Kriegsschiff in den Kampf gegen den IS einzugreifen. Zudem sollen ein Tankflugzeug und Satellitenaufklärung zur Verfügung gestellt werden.

Hollande begegnet Putin mit einer klaren Vorstellung, was für ein Bündnis geschehen muss. Russland muss sich bei seinen Luftangriffen auf den IS konzentrieren; Russland darf nicht die Augen vor Gräueltaten des syrischen Regimes gegen das eigene Volk verschließen; Russland muss sich für einen Machtwechsel in Syrien stark machen.

Putin gibt sich bereit für eine engere Zusammenarbeit, lässt aber offen, wie weit er sich bewegt. Auch die politische Eiszeit zwischen Russland und der Türkei nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch das türkische Militär soll daran nichts ändern. Putin sieht Russland als Führer eines breiten Bündnisses.

Nach den Anschlägen von Paris am 13. November hatte er Hollande schnell die Hand gereicht. Putin wies sein Militär an, Frankreich im Syrien-Konflikt „wie einen Verbündeten“ zu behandeln.

Doch Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow macht auch klar, dass Russland Frankreich eher als Initiator sieht. Den Ton geben andere an. „Die jetzige Situation erfordert eine aktivere Zusammenarbeit vor allem der USA und Russlands, die eine besondere Verantwortung für die weltweite Sicherheit tragen“, betont Uschakow.

Dass es zu einer Koalition kommen könnte, schließt der russische Experte Fjodor Lukjanow nicht aus. Aber mehr als eine Zweckgemeinschaft könne dies nicht werden. „Eine solche Vereinigung kann offenkundig nicht zu etwas Stabilem und Dauerhaftem führen“, schreibt der Herausgeber der Zeitschrift „Russia in Global Affairs“. „Über eine konkrete Mission hinaus wird die harte Konkurrenz wieder losbrechen.“

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