Kongress entscheidet über Neil Gorsuch Trumps Richter ist im Zweifel für die Wirtschaft

Neil Gorsuch soll - so will es Donald Trump - neuer Richter am Obersten Gerichtshof werden. Unternehmen hoffen auf neue Freiheiten.

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Neil Gorsuch ist bekannt dafür, Rechtstreitigkeiten im Zweifel für die Wirtschaft zu entscheiden. Er soll neuer Richter am Obersten Gerichtshof werden. Quelle: REUTERS

Viel Lob hat Donald Trump seit seinem Amtsantritt nicht bekommen. Eine der wenigen Ausnahmen: die Nominierung von Neil Gorsuch als Richter für den Obersten Gerichtshof. Die Waffenlobby lobt den Vorschlag ebenso überschwänglich wie die Trump-Kritiker aus den eigenen Reihen, Jeb Bush und John McCain. Selbst die US-Handelskammer stimmt in den Jubel mit ein, und spricht von einer „fantastischen Nominierung“. Das ist ganz anders als vor einem Jahr. Da schwieg die Kammer zu dem Vorschlag von Ex-Präsident Barack Obama, den freien Sitz im Supreme Court mit Merrick Garland zu besetzen. 

Der Grund für die nun fehlende Zurückhaltung der Handelskammer: Gorsuch, der 49-jährige Harvard-Absolvent aus Colorado, ist nicht nur gegen Einschränkungen beim Waffenrecht und gegen die Sterbehilfe. Er neigt dazu, in Rechtstreitigkeiten im Zweifel für die Wirtschaft zu entscheiden.

Seit Montag beschäftigt sich der Kongress mit der Nachfolge des konservativen Richters Antonin Scalia, der vor über einem Jahr gestorben ist. Seitdem gibt es im Supreme Court eine Patt-Situation. Von den acht Richterposten sind vier von eher konservativen und vier von eher progressiven Richtern besetzt. Gorsuch wird – sofern vom Kongress bestätigt – den Unterschied machen.

Das ist Neil Gorsuch
US-Präsident Donald Trump verkündet am 31. Januar 2017 im Weißen Haus seine Entscheidung den 49 Jahre alten Bundesrichter Neil Gorsuch zum neuen Verfassungsrichter am Supreme Court zu ernennen. Quelle: dpa
Neil Gorsuch (rechts im Bild) soll Nachfolger des im vergangenen Jahr gestorbenen Richters Antonin Scalia (links) werden Quelle: REUTERS
Der 49-jährige Gorsuch arbeitet an einem Berufungsgericht in Denver im US-Staat Colorado. Quelle: AP
Gorsuch äußerte sich in seinen Urteilen skeptisch gegenüber der Polizei und als vehementer Verteidiger der Religionsfreiheit. Quelle: dpa
Zudem schrieb er in einem Magazin für Richter im vergangenen Jahr, dass er sich ein einfacheres Justizsystem wünsche, zu dem mehr Menschen Zugang fänden. Juristische Dienstleistungen in den Vereinigten Staaten seien zu teuer, erklärte er. Quelle: dpa
Gorsuch ist der Sohn von Anne Gorsuch, Chefin der US-Umweltbehörde EPA unter dem früheren Präsidenten Ronald Reagan. In seinen für 2015 offengelegten Finanzen gab er an, ein Vermögen zwischen 3,1 und 7,25 Millionen Dollar zu haben. Quelle: dpa
Nach der Verkündung Trumps kam es in Washington zu Protesten. Quelle: REUTERS

„Der Oberste Gerichtshof hat in den vergangenen Jahren zunehmend zugunsten von Arbeitgebern und Konzernen entschieden. Dieser Trend wird durch Gorsuch verstärkt und zementiert“, sagt Michael Gebhardt, Rechts-Professor und an der University of North Carolina. Die Unternehmen können laut Gebhardt in den kommenden Jahren vor allem auf zwei Punkte hoffen: auf mehr Schutz vor Sammelklagen und staatlichen Regulierungen.

Denn Gorsuch gilt als entschiedener Gegner des so genannten Chevron-Urteils aus dem Jahre 1984. Demnach haben Verwaltungsbehörden einen großen Spielraum bei der Auslegung von Gesetzen. Ist nicht eindeutig geregelt, wie die Behörden zu agieren haben, liegt das letzte Wort bei ihnen. Selbst die Justiz kann kaum eingreifen – und zum Beispiel nicht verhindern, dass Behörden die Wirtschaft an die Leine nehmen und strenge Umweltvorlagen machen. Das sei doch recht fragwürdig und nicht im Sinne der Verfassungsväter, findet Gorsuch. Sein Fazit zum dem richtungsweisenden Urteil: „ein Ungetüm“.

Wie die Richterposten am Supreme Court besetzt werden

Ebenso kritisch sieht der angesehene Jurist die Masse an Sammelklagen von Investoren gegen Konzerne in den USA. Das Prozedere sei ein Weg für Anwälte, „schnell zu Reichtum zu kommen“. Unternehmen müssten vor solch Missbrauch geschützt werden. Künftig sollten geschädigte Anleger mehr als bisher den Eintritt eines tatsächlichen Vermögensschadens darlegen müssen. Eine Reform sei nötig, sagt auch Reinhard von Hennigs, Rechtsanwalt und Büroleiter von BridgehouseLaw in Charlotte, North Carolina: „Die Angst von Unternehmen, amerikanischen wie deutschen, in Rechtsstreitigkeiten in den USA verwickelt zu werden, lähmt die Wirtschaft.“

Die Demokraten fürchten gleichwohl, dass mit Gorsuch auch die Rechte der Verbraucher und Arbeitnehmer ausgehöhlt werden. So hat der Jurist kaum Klagen von gefeuerten Mitarbeitern gegen ihren Ex-Arbeitgeber zugestimmt. Und: Auch bei Streitigkeiten zu Pensionszahlungen und Sonderleistungen hat Gorsuch eine klaren Haltung. In 21 von 23 Fällen stimmte Gorsuch für die Arbeitgeber. 

Im Senat aber, der Gorsuch bestätigen muss, sind die Demokraten in der Minderheit. Und die Republikaner sind bekanntlich voll des Lobes für ihren Kandidaten.

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