Liu Xiaobo Warum China das Wetter zensieren möchte

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Digitale Kontrolle in der Kritik von Experten

Die digitale Kontrolle wird auch zunehmend für ausländische Firmen zum Problem. Anfang Juni hat China ein neues Gesetz zur Internetsicherheit verabschiedet. Die Neuregelung zwingt Firmen in China generierte Daten lokal zu speichern, sowie in China zertifizierte IT-Produkte und Verschlüsselungstechnologien zu nutzen. Firmen sollen zudem über die Nutzung von VPNs Auskunft geben. Die privaten Netzwerke helfen bei der Verschlüsselung von Daten und ermöglichen auf Internetseiten zuzugreifen, die in China gesperrt sind. Verstößt eine Firma gegen die Auflagen des neuen Gesetzes, können die chinesischen Provider alle Dienste abschalten, unabhängig davon, ob Daten verloren gehen und Schaden entsteht, heißt es in offiziellen Dokumenten. Diese Woche wurden zudem Pläne der chinesischen Regierung bekannt, ab kommenden Februar VPN-Dienste für Privatnutzer grundsätzlich zu verbieten. Diese Information wollten chinesischen Behörden aber bisher nicht bestätigen.

Experten kritisierten die Verschärfung der Gesetze für Firmen in den vergangenen Wochen scharf: „Für deutsche Unternehmen ist der schnelle und sichere Austausch von Informationen und Daten über Landesgrenzen hinweg unabdingbare Voraussetzung für ihre Geschäftstätigkeiten in China“, sagte Auslandshandelskammern-Chefin Alexandra Voss in Peking als Reaktion auf die Verschärfung der Regeln im Juni. Datentransfer, Datensicherheit und die Einhaltung internationaler Standards seien eine Voraussetzung für Kooperationen.

Auch die Ankündigung von Apple diese Woche, ein eigenes Rechenzentrum in China bauen zu wollen, führte zu Skepsis unter Experten. Die Anlage soll im südchinesischen Guizhou mit einem lokalen Internetdienstleister aufgebaut werden. Apple betont, dass es seine Standards in Sachen Datensicherheit nicht aufweichen würde: „In keinem unserer Systeme wird es irgendwelche Hintertüren geben”, so der iPhone-Hersteller. Schaut man auf die aktuelle Gesetzeslage, sei das aber faktisch unmöglich zu garantieren, halten Experten dagegen.

Im Fall von Liu Xiaobo begannen einige Nutzer nach kurzer Zeit Formulierungen zu verwenden, die dann erst mit Verzögerung aus dem Netz gefischt werden konnten. Viele bezogen sich auf das Wetter in Peking – es donnerte und blitzte den ganzen Donnerstagabend über Chinas Hauptstadt. Und weil Peking zwar nicht das Wetter zensieren kann, wohl aber Worte, schafften es dann irgendwann weder die Begriffe Regen noch Wind durch die chinesische Great Firewall, wie die chinesische Internetzensur genannt wird. Schwierigkeiten schienen die Zensoren zudem mit Bildern zu haben, die Nutzer von Zeitungsberichten aus dem Ausland posteten.

In den chinesischen Nachrichten blieb der Tod Lius hingegen nur Randnotiz. Kurze Zeit stand ein Artikel der "Global Times" online, indem die Redaktion erklärte, die Trauernden würden „eine große Show abziehen“. Dieser Post wurde kurz darauf wieder gelöscht, berichtet die Hongkonger "South China Morning Post". An anderer Stelle nannte die Zeitung den Nobelpreisträger „ein irregeleitetes Opfer des Westens“. Liu habe in einer Zeit gelebt, in der China einen historischen Aufstieg erlebt habe. Der Menschenrechtler habe sich aber dafür entscheiden, sich gegen die chinesische Gesellschaft zu stellen.

China hat inzwischen ausländische Staaten aufgefordert, sich nicht in innere Angelegenheiten des Landes einzumischen. Die meisten Spuren Liu Xiaobos sind in den sozialen Netzwerken inzwischen verschwunden.

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