Papst Franziskus in Ägypten Schulterschluss und ein Seitenhieb

Der Besuch von Papst Franziskus in Ägypten gilt als historisch. Der Pontifex macht in Kairo klar: Der Kampf gegen den Terror geht nur gemeinsam. Ein Thema spart er nicht aus – auch wenn es dem Präsidenten nicht gefällt.

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Papst Franziskus trifft den ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Der Papst ist zu einem zweitägigen Besuch in Ägypten. Quelle: dpa

Kairo Papst Franziskus nimmt Ägypten im Kampf gegen religiösen Extremismus und Terror gegen Christen in die Pflicht. „Ägypten hat eine einzigartige Aufgabe: auch den Frieden in der Region zu stärken und zu festigen, selbst wenn es auf eigenem Boden durch blinde Gewalt verwundet wird“, sagte der Pontifex am Freitag bei einem Treffen mit Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi und Regierungsvertretern zu Beginn seines zweitägigen Besuchs in Kairo. Die Probleme müssten sofort angegangen werden, „um ein noch schlimmeres Abdriften in die Gewalt zu vermeiden“.

„Wir sind gehalten, die Verletzungen der Menschenwürde und der Menschenrechte zu brandmarken“, sagte der Argentinier. Erst vor knapp drei Wochen waren bei einem Anschlag auf Christen in Nordägypten mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Die Mehrheit der Ägypter ist muslimisch. Ungefähr zehn Prozent der etwa 94 Millionen Einwohner sind koptische Christen. Dazu kommen noch etwa 270 000 Katholiken. Bei seinem Besuch in Kairo traf Franziskus auch Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi und den Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohammed al-Tajjib.

Auch der Schulterschluss der Religionen sei in dem gemeinsamen Kampf nötig. „Gemeinsam wiederholen wir von hier aus, (...) diesem Land von Bündnissen zwischen Völkern und zwischen Gläubigen, ein deutliches und eindeutiges „Nein“ zu jeglicher Form von Gewalt, Rache und Hass, die im Namen der Religion oder im Namen Gottes begangen werden“, meinte das Katholiken-Oberhaupt bei einer Friedenskonferenz in dem islamischen Lehrinstitut Al-Azhar. Die religiösen Verantwortungsträger - also auch die Imame und Lehrenden in Ägypten - rief er auf, „die Gewalt zu entlarven, die sich hinter einem vermeintlichen sakralen Charakter verbirgt“.

Neben viel Lob und Dankbarkeit für das Engagement der ägyptischen Führung für Christen und die Unterstützung von Flüchtlingen verpasste Franziskus Präsident Al-Sisi angesichts der viel kritisierten Menschenrechtslage in Ägypten einen Seitenhieb: In Anspielung auf die arabischen Aufstände 2011 sagt er, die damaligen Ziele wie Freiheit und sozialer Gerechtigkeit würden Realität, wenn alle gewillt seien, Worte in Taten umzusetzen.

Al-Sisi sagte, er schätze die Haltung des Papstes, die das Böse und die Verzweiflung aus den Menschen treibe. Ägypten kämpfe an der Front, um den Terrorismus zu besiegen. „Wir sind entschlossen, den Terrorismus zu besiegen und unsere auf unsere Geschlossenheit zu bauen“. Die endgültige Beseitigung des Terrorismus erfordere aber „eine weitere Koordination und Solidarität unter allen friedliebenden Mächten“.

Auch Großimam Al-Tajjib richtete sich in seiner Rede gegen den Missbrauch der Religion durch Extremisten. „Der Islam ist keine Religion des Terrorismus, weil eine Gruppe einige ihrer Texte geraubt hat und sie benutzt, um Unschuldige zu töten und zu terrorisieren.“ Die Krisen der Welt existierten, weil die Menschen die himmlische Religion und ihre Werte missachtet hätten - „vor allem den Wert der Brüderlichkeit“.

Der Papst betonte, dass die Religion nicht für politische Zwecke missbraucht werden dürfe. „Es besteht die Gefahr, dass die Religion von der Sorge um weltliche Angelegenheiten aufgesaugt und von den Schmeicheleien weltlicher Mächte in Versuchung geführt wird“. Auch der „demagogische Populismus“ sei gewiss nicht hilfreich, Frieden und Stabilität zu festigen. Die Handlungen der Populisten seien „in Wahrheit ein Geschenk an die Befürworter von Radikalismen und Gewalt“.

Franziskus ist noch bis Samstag in Kairo. Er ist erst der zweite Papst der Neuzeit, der das arabische Land besucht hat. Im Jahr 2000 war Papst Johannes Paul II. zum Berg Sinai gepilgert. Die Reise nach Kairo wird sowohl politisch als auch in religiöser Hinsicht als schwierige Gratwanderung gewertet. Franziskus' Besuch hat das Motto „Papst des Friedens in einem Ägypten den Friedens“. Am Abend traf der 80-Jährige noch mit dem Papst der koptischen Christen, Tawadros II., zusammen. Am Samstag vor der Abreise steht unter anderem eine Messe auf dem Programm, zu der etwa 25 000 Menschen erwartet werden.

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