Buy American, Hire American, Produce in America: Der US-Präsident will die Wirtschaft seines Landes vom Rest der Welt abschotten. Wenn am Freitag erstmals Angela Merkel und Donald Trump aufeinander gehen, geht es auch um den freien Welthandel. Doch ausgerechnet der Handelsberater von Donald Trump ist ein Protektionist erster Güte.
Der 67-jährige Peter Navarro berät den US-Präsidenten in Handelsfragen. Er gehört zu den wenigen Ökonomen, die die These vertreten, dass Importe prinzipiell die Wirtschaft schwächen. Alles, was Amerika verlässt, macht das Land reich; alles, was das Land einführen muss, macht arm.
So werden die Forderungen von Peter Navarro gerade für Deutschland hochrelevant. Denn das Handelsbilanzdefizit der USA mit der Bundesrepublik beträgt 65 Milliarden Dollar. „Ich denke, es wäre nützlich, mit Deutschland offen über Wege zu sprechen, wie wir diese Überschüsse reduzieren können“, sagte Navarro in der vergangenen Woche.
Navarro leitet den Internationalen Handelsrat im Weißen Haus. Freier Handel ist für Navarro nur akzeptabel, solange drei Kriterien erfüllt sind: Erhöhung der (amerikanischen) Wachstumsrate, Verringerung des Handelsdefizits, Stärkung der Produktion. Bereits an seinem ersten Arbeitstag kündigte Donald Trump das Transpazifische Handelsabkommen.
Das Thema Handel hat der Ökonom Navarro indes erst vor einigen Jahren für sich entdeckt. Seine Publikationsliste ist ein thematisches Potpourri aus Anlagetipps, Energiemarktanalysen und Studienführern. Um die Jahrtausendwende publizierte er eine Zeit lang viel zum Thema E-Learning, nach den Anschlägen des 11. September beschäftigte er sich mit den Kosten des Terrors. Wirklich bekannt wurde er hingegen erst mit seinem Buch „Tod durch China“, einem Pamphlet über die amerikanisch-chinesischen Handelsbeziehungen.
„Chinas Gewinn ist unser Verlust. Wir haben unsere Produktion verloren, 25 Millionen mehr Arbeitslose und kein Wachstum mehr“, sagt er. Aus dem Buch machte er einen Dokumentarfilm, in dem Panzer mit Kommunistenstern über die US-Landkarte fahren und Flugzeuge Bomben auf das Land werfen. Das scheint Trump imponiert zu haben. Im August holte ihn der damalige Präsidentschaftskandidat in sein Wirtschaftsteam.
Im September entwickelte Navarro für Trump eine Art Masterplan für die Wirtschaftspolitik. Seine Kernthesen: Die Steuern müssen radikal runter, dann steigt das Wachstum von alleine. Und ist das Handelsdefizit erst einmal reduziert, sinken die Staatsschulden und wächst die Wirtschaft – so Navarros Theorie. „Das Handelsdefizit soll durch eine Kombination von steigenden Exporten und reduzierten Importen gesenkt werden“, schreibt er.
In der Ökonomenszene sorgte die Publikation milde gesagt für Irritationen. „Selbst ein Erstsemester-Student weiß, dass Handelsdefizite Hand in Hand mit Kapitalzuflüssen einhergehen“, spottete Gregory Mankiw, Harvard-Volkswirt und ehemaliger Chefökonom unter George W. Bush. Wer Handelsdefizite reduziere, verringere den Kapitalzufluss, damit die Zinsen und letztlich Konsum und Investitionen. Auch der Princeton-Volkswirt und Nobelpreisträger Paul Krugman meldete sich zu Wort: „Die Studie ist fürchterlich, und das auf vielen Ebenen.“ Offenbar sei „Trumps Vorstellung, was einen Experten ausmacht, ebenso schlecht wie sein Urteilsvermögen“.
Doch auch im Weißen Haus gibt es Widerstand gegen den harten Abschottungskurs. Schließlich stehen die Republikaner traditionell für eine liberale Wirtschaftspolitik.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.