Rodrigo Duterte Ein Liebeslied für Donald Trump

Der US-Präsident zelebriert auf seiner Asienreise die Männerfreundschaft zu anderen Staatschefs. Auch bei dem brutalen Staatschef der Philippinen hat er keine Berührungsängste. Für die USA könnte sich das aber rächen.

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Rodrigo Dutertes Liebeslied für Donald Trump Quelle: AP

Bangkok Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte, der für einen brutalen Anti-Drogen-Krieg mit Tausenden Toten verantwortlich ist und seine Gegner gerne als Hurensohn beschimpft, zeigt beim Besuch von Donald Trump plötzlich eine charmante Seite: Im cremefarben Festtagshemd begibt sich der für seine rabiaten Äußerungen bekannte Politiker bei einem Staatsempfang in Manila an das Mikrofon – und schlägt ausnahmsweise sanfte Töne an: „Du bist das Licht in meiner Welt“, singt er in seiner Landessprache. Am Ende des Liebesliedes lässt er sein Publikum wissen: „Ich habe das Lied auf Wunsch des Oberbefehlshabers der Vereinigten Staaten vorgetragen.“

Für Donald Trump, der auf der für seine Verhältnisse außergewöhnlich harmonischen Asienreise bereits mit Japans Premier Shinzo Abe Cheeseburger aß und Chinas Präsidenten Xi Jinping als „einen ganz besonderen Mann“ bezeichnete, ist der letzte Stopp auf den Philippinen der krönende Abschluss einer Reihe von öffentlichkeitswirksam inszenierten Männerfreundschaften.

Bei einem bilateralen Treffen mit Duterte am Rand des Gipfels der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean lobte der US-Präsident die „herausragende Beziehung“ zwischen den Philippinen und den USA. Vermutlich mit Blick auf die Gesangseinlage seines Amtskollegen fügte er hinzu: „Die Show war fantastisch, du warst fantastisch.“

Auf den ersten Blick sind die guten Beziehungen, die Trump auf seiner Reise knüpfte, durchaus als Erfolg zu werten. So wurde noch seinem Vorgänger eine deutlich weniger zuvorkommende Behandlung zuteil: Als Barack Obama vor einem Jahr zur letzten China-Reise seiner Präsidentschaft in der Metropole Hangzhou landete, stellten die Gastgeber nicht einmal eine Flugzeugtreppe bereit. Obama musste den Notausgang durch den Flugzeugbauch nehmen. Ob Absicht oder Versehen – der Vorfall am Flughafen wurde als Symbol der Geringschätzung für den US-Präsidenten gewertet.

Mit Duterte hatte Obama sogar noch größere Schwierigkeiten. Beim Asean-Gipfel vor einem Jahr fiel ein geplantes Treffen zwischen den beiden Präsidenten aus, nachdem Duterte verbal ausfällig geworden war. „Hurensohn, ich werde dich bei diesem Forum verfluchen“, kündigte Duterte an, weil sich Obama bei dem Treffen kritisch über die massiven Menschenrechtsverletzungen auf den Philippinen äußern wollte. „Wenn du das tust, werden wir uns wie Schweine im Matsch wälzen“, warnte Duterte.

Der 72-Jährige, der seit Mai 2016 regiert und zuvor wegen seines populistischen Anti-Establishment Wahlkampfs als „Donald Trump Asiens“ bezeichnet wurde, hat möglichst große Brutalität gegen angebliche Drogenkriminelle zum Kern seiner Präsidentschaft gemacht.

Er werde Tausende Verbrecher töten und ihre Leichen in die Bucht von Manila werfen, kündigte er vor seiner Wahl an. Tatsächlich wurden seit Dutertes Amtsantritt mehr als 12.000 Verdächtige von der Polizei oder selbsternannten Bürgerwehren getötet – mit ausdrücklicher Billigung von Präsident Duterte.


Trumps pragmatische Außenpolitik

Im Gegensatz zu Obama sind die Menschenrechtsverletzungen für Trump jedoch kein allzu wichtiger Punkt auf der Agenda. Das Thema sei am Rande kurz angesprochen worden, teilte das Weiße Haus mit. Dutertes Sprecher verkündeten, Menschenrechte seien gar nicht thematisiert worden. Zu der von Aktivisten geforderten Verurteilung von Dutertes Politik kam es jedenfalls nicht. Autokraten und Brutalos kritiklos als Gesprächspartner hinzunehmen, ist der Preis, den Trump für seinen überfreundlichen Empfang in Asien bezahlen muss.

Diese extrem pragmatische Außenpolitik hat für die USA durchaus Vorteile: So gelang es Trump die wertvolle Allianz mit den Philippinen, die eigentlich als zerrüttet galt, im Handumdrehen zu retten. Noch vor einem Jahr hätte daran kaum jemand geglaubt, als Duterte die traditionellen Militärübungen mit den US-Truppen absagte und damit drohte, die auf den Philippinen stationierten US-Soldaten nach Hause zu schicken.

Doch Trumps Wertelosigkeit ist für die US-Außenpolitik auch gefährlich. In Südostasien – einer Region, die von Korruption und mangelnder Rechtsstaatlichkeit geprägt ist – strahlten die USA als Hort der Freiheit lange eine besonders große Attraktivität für die lokale Bevölkerung aus. Ihre moralische Vorbildfunktion ermöglichte es den Amerikanern, auch abseits von ökonomischer und militärischer Macht, ihren Einfluss auszuweiten.

Doch unter Donald Trump können sich Demokratieverfechter nicht länger auf die Unterstützung aus Washington verlassen. Sie bekommen von den Anhängern der Autokraten Trump lediglich als Beispiel für die These präsentiert, dass die Volksherrschaft am Ende doch nicht so gut funktioniere. Auf Liebeslieder aus der Bevölkerung muss Trump zumindest in Manila verzichten. Demonstranten verbrannten aus Protest eine vier Meter große Trump-Statue. Einer der Anführer erklärte: „Trump ist der Feind des Volkes.“

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