Trump wettert gegen die Uno Der Lieblingsfeind der US-Konservativen

Donald Trump sieht in der Uno eine gut gemeinte, aber weitgehend ineffektive Organisation. Damit schließt sich der künftige US-Präsident einem populären Vorurteil der Konservativen an. Doch er trifft auch ins Schwarze.

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„Die Uno ist nur ein Club, um sich treffen, zu reden und sich einen schönen Tag zu machen. Wie schade!“ Quelle: AP

New York Es gibt nicht nur Trumponomics, sondern auch Trumplomatie. Das ist die Diplomatie des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, die vor allem undiplomatisch ist und am liebsten per Twitter stattfindet. So machte Trump auch seinem Ärger über eine Uno-Resolution gegen jüdische Siedlungen in Palästinensergebieten Luft, die sein Vorgänger Barack Obama nicht durch ein Veto blockiert hat. „Die Vereinten Nationen haben so ein großes Potenzial“, zwitscherte er, „aber zurzeit ist das nur ein Club, um sich treffen, zu reden und sich einen schönen Tag zu machen. Wie schade!“

Damit hat Trump die Vorurteile der Konservativen in den USA sogar noch vergleichsweise freundlich auf den Punkt gebracht. Für viele Amerikaner ist schon die Bundesregierung in Washington ein Feind, den es zu bekämpfen gilt. Konservative Richter, wie etwa der verstorbene Antonin Scalia, haben immer die Rechte der Bundesstaaten gegen Washington verteidigt. Übernationale Organisationen wie die Uno sind für Konservative der Inbegriff elitärer, letztlich undemokratischer Strukturen. Und zu den Hirngespinsten, die Rechtsradikale verbreiten, gehört der Verdacht, die Uno wollte die Macht in den USA übernehmen.

Die USA werden auch unter Trump die Uno nicht verlassen. Aber sie werden sie auf gewohnte Weise ignorieren und blockieren, wo sie den eigenen Interessen widerspricht. Die Ironie bei Trumps jüngster Attacke ist ja, dass die Uno mit ihrer gegen Israels Politik gerichteten Resolution ausnahmsweise nicht nur geredet, sondern klar Stellung bezogen hat. Man darf davon ausgehen, dass der künftige US-Präsident alles tun wird, um ihren Einfluss zu beschneiden, um ihr dann genüsslich vorzuhalten, dass sie machtlos ist.

Das tiefergehende Problem dabei: Die Kritik der Konservativen an den Vereinten Nationen ist keineswegs aus der Luft gegriffen. Der Apparat, der am East River in New York residiert, ist kompliziert und aufgeblasen. Zwar werden dort heute nicht mehr so rauschende Partys gefeiert wie früher, aber die Mitarbeiter gehen mit 60 in Ruhestand – für die USA, wo viele Leute bis ins hohe Alter arbeiten müssen, eine paradiesische Perspektive.


Der Vorwurf: Ineffiziente Strukturen und Inkompetenz

Hinzu kommt, dass auch Insider die ineffizienten Strukturen der Uno beklagen. Im vergangenen März erschien dazu ein Artikel von Anthony Banbury in der New York Times unter dem Titel: „Ich liebe die Vereinten Nationen, aber sie funktionieren nicht.“ Der Autor, der fast 30 Jahre für die Organisation gearbeitet hat, benennt darin schonungslos ihre Schwächen. Und wer auch immer Uno-Mitarbeiter persönlich kennt, weiß, dass Banbury vielen Kollegen aus dem Herzen spricht.

Der Mann, der unter anderem für die Hilfe nach dem Tsunami in Asien sowie dem Erdbeben in Haiti, die Eliminierung chemischer Waffen in Syrien und den Kampf gegen Ebola verantwortlich war, spricht von einem „kolossalen Missmanagement“ und einer „sklerotischen Personalwirtschaft“, bei der die Anwerbung neuer Mitarbeiter im Schnitt mehr als 200 Tage dauert. „Zu oft muss man Regeln brechen, um die Dinge zu beschleunigen“, schreibt er, und klagt: „Außer bei einem schweren Verbrechen ist es praktisch unmöglich, jemanden zu feuern.“ Den Chef einer großen Friedensmission, die er nicht näher benennt, hält er für „offensichtlich inkompetent“.

Als weiteres Problem sieht er, dass bei vielen Missionen Politik eine größere Rolle spielt als die Werte der Uno und eine Analyse der Situation vor Ort. Als Folge unklarer Zielsetzung dauern viele Missionen mehr als zehn Jahre. Als besonders krassen Fall einer Fehlentscheidung nennt er den Einsatz von Truppen aus dem Kongo in der Zentralafrikanischen Republik, der zu einem „beständigen Muster von Vergewaltigungen und Missbrauch von Menschen – oft jungen Mädchen – geführt hat, die die Uno eigentlich hätte schützen sollen“.

Banbury fordert eine Reform der Personalwirtschaft, und zwar mit Hilfe außenstehender Berater. Außerdem einen prozentual definierten Deckel für die Verwaltungskosten von Missionen. Und die Auslagerung des Haushaltsverantwortung auf einen unabhängigen Controller, der direkt dem Generalsekretär untersteht sowie eine rigorose Erfolgskontrolle in allen zentralen Abteilungen.

Wenn Trump eine grundsätzlich positive Einstellung zur Uno hätte, könnte er also eine große Reform mit anstoßen. Aber vielleicht begnügt er sich auch damit, die Organisation mit Tweets und Vetos zu überziehen.

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