Türkei Erdogan erneuert Nazi-Vorwürfe an Deutschland

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Nazi-Vorwürfe an Deutschland erneuert. „Ihr seid Faschisten. Ihr mit Euren Nazi-Praktiken könnt so verärgert sein wie Ihr wollt,“ sagte Erdogan am Sonntag in Istanbul.

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Erdogan hat seine Nazi-Vorwürfe an Deutschland in Istanbul erneuert. Quelle: AFP

Istanbul/ Berlin Am Sonntag erneuerte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Nazi-Vorwürfe an Deutschland. „Ihr seid Faschisten. Ihr mit Euren Nazi-Praktiken könnt so verärgert sein wie Ihr wollt“, sagte Erdogan am Sonntag in Istanbul. Seine Worte seien durch Fakten untermauert. „Seid Ihr nicht die, die die Hakenkreuze auf die Mauern unserer Moscheen gemalt habt? (...) Habt Ihr nicht unsere Moscheen in Brand gesetzt und zerstört? Können wir das Ereignis in Solingen (von 1993) ignorieren?“ Auch der NSU-Prozess sei noch immer nicht abgeschlossen, sondern werde hinausgezögert. Zuvor hatte Erdogan bereits erklärt, er erwäge eine Volksbefragung darüber, ob sein Land die Beitrittsgespräche mit der EU fortsetzen solle oder nicht. Zudem kochten die diplomatischen Spannungen der Türkei mit der Schweiz nach Anti-Erdogan-Protesten in Bern wieder hoch.

Die Bundesregierung reagierte zunächst nicht auf Erdogans neue Vorhaltungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte indes kurz zuvor erklärt, Erdogans Rhetorik mache ihn „fassungslos“. „Sie zerstört in kurzer Zeit mutwillig, was über Jahre an Integration in Deutschland gewachsen ist“, sagte er der „Welt am Sonntag“ Die Reparatur der Schäden werde Jahre dauern. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Nazi-Vergleiche der Regierung in Ankara wiederholt zurückgewiesen. Erdogan hat ihr persönlich Nazi-Methoden vorgeworfen. Zudem hat er erklärt, Deutschland unterstütze „gnadenlos“ den Terrorismus.

Die Vorwürfe der Türkei stehen auch im Zusammenhang mit einem Referendum am 16. April, das Erdogan zu mehr Macht verhelfen soll. Türkische Politiker hatten zuletzt unter ihren Landsleuten in Europa für ein Ja bei der Volksabstimmung werben wollen. Dies ist nach Angaben der Regierung in Ankara nach dem Putschversuch 2016 nötig, um das Nato-Land zu stabilisieren. Kritiker werden der Türkei indes vor, immer autokratischer werden zu wollen. Die Türkei hat einigen europäischen Ländern vorgeworfen, Vertretern der "Nein"-Kampagne des Referendums Veranstaltungen zu erlauben, der „Ja“-Seite aber vorsätzlich nicht. Neben Deutschland richtete sich die Kritik dabei an die Niederlande, Erdogan warf auch ihnen Faschismus vor.

Mit der Anspielung auf das „Ereignis in Solingen“ nahm Erdogan am Samstag offensichtlich Bezug auf einen Brandschlag in der Stadt am 29. Mai 1993, bei dem fünf türkischstämmige Menschen ums Leben gekommen waren. Die Tat hatte sich eingereiht in eine Serie rechtsextremer Gewalt.

Bereits am Samstag hatte sich Erdogan erneut eu-kritisch geäußert und die Beitrittsgespräche seines Landes mit der Europäischen Union in Frage gestellt. Seine Regierung erwäge eine Volksbefragung darüber, ob sein Land die Gespräche darüber fortsetzen solle, erklärte er in Antalya. Die Gespräche haben 2005 begonnen. Aufgrund vieler Differenzen, etwa in der Zypern-Frage oder bei Menschenrechten, kamen sie aber nur schleppend voran. Am Donnerstag hatte Erdogan erklärt, nach dem Referendum am 16. April wolle er die Beziehungen zur EU und das Flüchtlingsabkommen zwischen beiden Seiten überprüfen. Es werde alles „von A bis Z auf den Tisch kommen.

Das türkische Außenministerium bestellte in einer Form des diplomatischen Protestes am Sonntag nach Angaben von Insidern den Botschafter der Schweiz in Ankara ein. Schon am Samstag war der Geschäftsträger einbestellt worden. Grund ist nach Angaben des Ministeriums eine Demonstration in Bern, auf der am Samstag zur Unterstützung von Terror und Gewalt ermuntert worden sei. So sei auf einem Plakat zur Ermordung Erdogans aufgerufen worden. Der Protest sei organisiert worden von der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Diese wird von der Türkei, der EU und den USA als Terror-Organisation eingestuft, von der Schweiz aber nicht. Aus Kreisen des türkischen Außenministeriums hieß es, dem Schweizer Botschafter sei klargemacht worden, dass die Schweizer Behörden die Verantwortlichen des Protestes vor Gericht bringen und Maßnahmen ergreifen müssten, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholten.

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