US-Präsident Lasst Donald bloß nicht alleine!

Konzernchefs wollen Trump wegen dessen Rechtsruck nicht mehr beraten. Klingt erst mal gut – aber ist es auch gut für die Welt?

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US-Präsident: Lasst Donald bloß nicht alleine! Quelle: AP

Nun reicht es ihnen also. Lange haben wichtige Unternehmenschefs gezögert, Donald Trump öffentlich zu kritisieren oder zu brüskieren, denn Kritik am US-Präsidenten ist meist ein schlechtes Geschäftsmodell – vor allem bei einem Präsidenten, der so rachsüchtig und jähzornig agiert wie Trump. Wer will schon sein Geschäft auf einmal im Twitter-Hagel sehen? 

Doch nach Trumps wirren und verharmlosenden Äußerungen zu rechtextremer Gewalt in Charlottesville kamen selbst die ins Grübeln, die sich von den vielen anderen Skandalen, von Russland-Gate, vom Klimaschutz-Ausstieg, vom versuchten Einreisestopp für Muslime, nicht provoziert genug fühlten – der Chef von Merck und Co. quittierte den Dienst im präsidialen  Beratergremium, die Konzernführer von Intel und Under Armour ebenso. Der Goldman Sachs-Boss ließ in einem Tweet wenig Zweifel daran, wie wenig er von Trumps Position hält.

Alle, die nun gehen, wähnen sich in bester Gesellschaft: Hippe Industriebosse wie Tesla-Visionär Elon Musk oder Disney-Chef Robert Iger hatten bereits zuvor die Reißleine gezogen. Entsprechend selbstzufrieden schrieb Intel-Chef Brian Krzanich zur Begründung seines Ausstiegs: "Ich trete zurück, weil ich Fortschritte machen möchte, während viele Leute in Washington mehr damit beschäftigt zu sein scheinen, jeden zu attackieren, der nicht mit ihnen übereinstimmt."

Klingt alles gut, wer würde nicht am liebsten dem Donald alles vor die Füße knallen? Sich vom Pannen-Präsidenten zu distanzieren, ist für Konzernlenker gerade ziemlich perfektes Marketing.

Doch die ketzerische Frage muss erlaubt sein: Ist der Ausstieg auch gut für die Wirtschaft bzw. gar die ganze Welt? Wenn es um den Umgang mit Despoten geht, kommt oft das Argument auf, man solle diese zwar nicht bestärken, aber mit ihnen im Gespräch bleiben solle man in jedem Fall – schon, um diese argumentativ weiter beeinflussen zu können.

Donald Trump ist (noch) kein Despot. Er mag unpopulär, unberechenbar, gar unmöglich sein – und niemand, mit dem sich respektierte Industriebosse gerne treffen möchte. Aber was wird besser, wenn Trump alleine im Bademantel im Weißen Haus vor sich hin brütet und konträre Ansichten gar nicht mehr zu hören bekommt? Auch der letzte Präsident, den die Amerikaner aus dem Amt jagten – Richard Nixon – kam auf die schlimmsten Gedanken, wenn er nachts alleine durch die Gänge des Regierungssitzes schlicht, wissen die Historiker mittlerweile.

Deswegen müsste die Schlussfolgerung verantwortungsbewusste Konzernlenker lauten: Beratet Trump weiter. Sagt ihm beim nächsten Treffen so richtig die Meinung. Jetzt erst recht.

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