Christian Lindner hat einen Plan. Er möchte regieren. Allerdings nicht aus einem Ministerium heraus. Lindner will die FDP-Fraktion im Bundestag zu seiner Machtzentrale in einer möglichen Jamaika-Koalition mit Union und Grünen ausbauen. Der Regierungsalltag fände weiterhin im Kabinett statt – aber nicht nur. Der Koalitionsausschuss, an dem auch die Parteichefs teilnehmen, die nicht im Kabinett vertreten sind, würde wohl deutlich öfter tagen. Dort würden alle kritischen Fragen diskutiert werden.
Lindners Kalkül: Er will regieren und opponieren zugleich. Er will de facto Vizekanzler sein, die Kanzlerin aber nicht als Chefin haben. Wenn er das Gefühl haben würde, Union oder Grüne arbeiteten gegen die Interessen der FDP, könnte er ihnen als Fraktionschef besser Paroli bieten als ein Kabinettsmitglied. Das ändert jedoch nichts am Anspruch der Liberalen, das Finanzministerium besetzen zu wollen. Lindner will nicht den Fehler seines Vorvorgängers Guido Westerwelle wiederholen, der 2009 Finanzminister hätte werden können, aber dann das Auswärtige Amt vorzog.
Zumal: Mit dem wahrscheinlichen Rückzug des amtierenden Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), der nach dem Willen der Unionsfraktion Bundestagspräsident werden soll, wäre der Weg für einen liberalen Kassenwart frei. Kandidaten für den Job gibt es einige. Falls es sich Lindner nicht doch noch anders überlegt, hätte Wolfgang Kubicki sehr gute Chancen. In den vergangenen vier Jahren hat er loyal als Vizeparteichef an der Seite von Christian Lindner gearbeitet. Viele Jahre galt er als Querulant aus Kiel, der der Partei mit seinen Zwischenrufen schadet. Jetzt gehört er zusammen mit Lindner und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer zu denen, die die Partei erfolgreich wiederbelebt haben.
Kubicki traut sich das Amt des Finanzministers zu. Allerdings müsste er dann seine Tätigkeit als Anwalt ruhen lassen, die er so sehr schätzt, weil sie ihm seine Unabhängigkeit sichert, wie er selbst immer wieder sagt. Der Vorteil an der Kubicki-Lösung: Mit 65 Jahren ist er im fortgeschrittenen Alter. Das Finanzministerium wäre wohl seine letzte große politische Station. Er wäre mächtig in der Koalition, würde aber nicht zu einem Gegenspieler Christian Lindners werden, der irgendwann gar den jungen Parteichef herausfordert. Dafür funktioniert das Duo Lindner-Kubicki zu gut.
Ein weiterer Kandidat: Michael Theurer, baden-württembergischer Landeschef der Liberalen und bislang Europaabgeordneter. Theurer scheut sich nicht vor dem Amt. Er setzt sich aber vor allem für die Belange des Mittelstandes ein – so wie einst Rainer Brüderle. Das Wirtschaftsministerium würde somit besser zu ihm passen.
Das verdienen Abgeordnete im Bundestag
Bundestagsabgeordnete erhalten monatlich eine sogenannte Diät in Höhe von 9542 Euro brutto. Damit kommen sie auf ein jährliches Grundeinkommen in Höhe von circa 115.000 Euro.
Quelle: Bundestag
Zusätzlich zum monatlichen Bruttogehalt bekommen die Abgeordneten:
1. Eine Steuerfreie Aufwandspauschale in Höhe von 4318 Euro. Damit kann ein Wahlkreisbüro oder eine Zweitwohnung in Berlin gemietet werden.
2. Einen Betrag in Höhe von 12.000 Euro im Jahr für Büroausstattungen wie Computer, Schreibtische, aber auch Smartphones und Kaffeevollautomaten. Das Geld bekommen sie allerdings nur im Tausch gegen einen Kaufbeleg.
Altersentschädigung nach einem Jahr im Bundestag: 238 Euro monatlich
Altersentschädigung nach einer Legislaturperiode: 954 Euro monatlich
Die durchschnittliche Verweildauer im Parlament liegt zwischen acht und zwölf Jahren. Die Altersentschädigung steigt zwar mit den Jahren im Parlament, aber mit abnehmenden Zusatzerträgen. Die ehemaligen Parlamentarier müssen für eine Auszahlung mindestens 67 Jahre alt sein.
Jedes Jahr kriegen Bundestagsabgeordnete eine automatische Gehaltserhöhung, die sich an der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland orientiert. Seit Juli 2017 bekommen die Bundestagsabgeordneten 9542 Euro brutto im Monat. Das sind 214 Euro mehr als vorher.
Parlamentarier dürfen unbegrenzt viel Geld neben ihrer Tätigkeit als Abgeordneter verdienen. Zu den Zusatzeinnahmen zählen berufliche Tätigkeiten als Anwalt oder Landwirt, aber auch Einnahmen aus Vorträgen oder Vorstandsposten. Die Parlamentarier sind dazu verpflichtet, ihre Nebeneinkünfte offen zu legen. Jeder vierte verdient mehr als 1000 Euro nebenher. Die 630 Abgeordneten im Bundestag haben in der Legislaturperiode 2013 bis 2017 nach Berechnungen von abgeordnetenwatch.de neben ihrem Mandat insgesamt mindestens 18,07 Millionen Euro kassiert.
Die Bundeskanzlerin verdient 238.000 Euro brutto im Jahr. Zum Vergleich: Ein örtlicher Sparkassen-Vorstand in NRW verdient im Schnitt 343.000 Euro im Jahr.
Die Diäten der Landtagsabgeordneten unterscheiden sich stark zwischen Bundesländern. Die Abgeordneten in NRW bekommen die höchste Diät.
NRW:
Bruttogehalt: 10.726 Euro, davon 2.114 Euro für Altersvorsorge
Übergangsgeld für abgewählte Abgeordnete: 4700 Euro
Baden-Württemberg:
Bruttogehalt: 7.776 Euro
Pauschale für allgemeine Kosten (Wahlkreisbüro etc): 2.169 Euro
Hamburg
Bruttogehalt: 2.777 Euro im Monat
Volker Wissing ist bereits Wirtschaftsminister – in der bundesweit einzigen Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz. Zuvor hatte sich Wissing als Finanzpolitiker im Bundestag einen Namen gemacht, zwischen 2009 und 2013 sogar den Finanzausschuss geleitet. Wissing hat Regierungserfahrung und ist fachlich versiert. Allerdings wäre sein Abschied aus Mainz eine ziemliche Bürde für die dortige Koalition mit SPD und Grünen.
Neben diesen internen Lösungen werden auch einige externe diskutiert – allen voran Werner Hoyer, derzeit Präsident der Europäischen Investitionsbank und früherer Staatsminister im Auswärtigen Amt. Hoyer gilt zwar als kompetent, in Sachen Euro-Politik aber als zu weich. Schließlich soll ein FDP-Finanzminister unbedingt eine europäische Transferunion verhindern. Viele in der Partei zweifeln, ob der Brüssel-Fan Hoyer dafür der richtige Mann wäre.
Eine zweite externe Lösung: Carl-Ludwig Thiele, derzeit Vorstand bei der Bundesbank und für die Themen Bargeld, Zahlungsverkehr und Controlling verantwortlich. Von 1990 bis zum Jahr 2010 saß Thiele zudem für die FDP im Bundestag. Der Charme einer externen Lösung läge darin, dass Lindner den Finanzminister gut „an der kurzen Leine halten“ könnte, wie es ein einflussreicher Liberaler formuliert.
Wer auch immer Finanzminister wird – er hätte zwei Chefs: Angela Merkel und Christian Lindner – selbstverständlich gleichberechtigt. Zumindest, wenn es nach dem FDP-Chef geht.
Ein Hauch "Germany first"