In diesem Bundestagswahlkampf ist die Schlacht um den dritten Platz wahrhaftig die heißeste: In den letzten Monaten war die AfD heruntergekühlt auf ein Mindestmaß von sieben Prozent. Damit schien sie den Weg alles Irdischen zu gehen, denn rechtsextremistische Parteien haben in Deutschland nie lange überlebt.
Je länger sich diese Parteien und ihre Akteure auf der öffentlichen Bildfläche tummelten, umso klarer trat den Deutschen, die bereit waren sie zu wählen, vor Augen, wie inkompetent diese neuen politischen Spieler doch waren. Der Effekt aus diesem Umstand war, dass alle demokratischen Parteien einen gewissen, kleinen Anteil an rechts Denkenden in ihrer Wählerschaft hatten.
Mit dem Thema Ausländerfeindlichkeit allein hatte es zudem bis dato noch keine Partei in den Deutschen Bundestag geschafft. Von daher lag die AfD bereits jenseits dessen, was man in Deutschland gewohnt war. Zugleich kam sie aber von zweistelligen Zustimmungswerten und hatte demnach, modellgemäß, in den vergangenen zwei Jahren deutlich auf die sieben Prozent abgebaut. Und nun dieser Tage der Schock! Die Partei ist in den Meinungsumfragen wieder zweistellig und hat das Potenzial, die drittstärkste Kraft im Land zu werden.
Die Gesichter der AfD
Geboren in Dresden, promovierte Chemikerin und Unternehmerin, Bundesvorsitzende der AfD. Mutter von vier Kindern, liiert mit dem AfD-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell: Das ist Frauke Petry. Sie gilt als pragmatisch und ehrgeizig. Auch wenn sie verbal gerne Gas gibt – inhaltlich steht Petry eher in der Mitte der Partei.
Björn Höcke (45) und Alexander Gauland (76) haben im November 2015 gemeinsam „Fünf Grundsätze für Deutschland“ veröffentlicht. Darin wettern sie gegen die „multikulturelle Gesellschaft“ und behaupten, „die politische Korrektheit liegt wie Mehltau auf unserem Land“.
Meuthen ist geboren in Essen, promovierter Volkswirt, seit 1996 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Kehl (Baden-Württemberg), Bundesvorsitzender der AfD, war Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg und ist seit Mai 2016 Landtagsabgeordneter; er ist verheiratet und hat fünf Kinder. Meuthen gehört zu den wenigen prominenten Vertretern des liberalen Flügels, die nach dem Abgang von Bernd Lucke in der AfD geblieben sind.
Sie ist geboren in Lübeck, Jurastudium in Heidelberg und Lausanne (Schweiz), Rechtsanwältin, stellvertretende Bundesvorsitzende und AfD-Landesvorsitzende in Berlin, seit 2014 im EU-Parlament, verheiratet. Gilt als ultrakonservativ.
Marcus Pretzell (43) ist geboren in Rinteln (Niedersachsen), Jurastudium in Heidelberg, Rechtsanwalt und Projektentwickler, seit 2014 Vorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen, Vater von vier Kindern, seit 2016 verheiratet mit Frauke Petry. Der Europaabgeordnete hat die AfD als „Pegida-Partei“ bezeichnet. Parteifreunde rechnen ihn aber nicht zum rechtsnationalen Flügel.
Dabei hat sie sich von allen ohnehin nicht differenzierten Aussagen zu Zuwanderung und Muslimen verabschiedet, ihre Spitzenvertreter nehmen geschichtsrevisionistische Positionen ein, glorifizieren die Wehrmacht und die angeblichen Leistungen der Deutschen Reichsarmee in den beiden verheerenden Weltkriegen. Sie vertreten Thesen von einer angeblichen Umvolkung der Deutschen. Was kommt als nächstes? Die Leugnung des Holocaust?
Wenn die AfD drittstärkste Kraft im Bundestag wird, dann ist eine rechtsextreme Partei Oppositionsführerin im Parlament. Was bedeutet das für die Grünen, die Linken und die Liberalen? Das Thema Zuwanderung und Islam war ohnehin bereits das Thema des Wahlkampfs und das bestimmende gesellschaftliche Thema der vergangenen beiden Jahre. Der gesamte Diskurs in der Bundesrepublik ist in dieser Zeit nach rechts gerückt. Mit der AfD an der Spitze der parlamentarischen Opposition würde das Thema gar nicht mehr von der Agenda genommen. Dass es da ist, wäre ja prinzipiell nicht verkehrt. Zuwanderung und Integration sind wichtige Zukunftsfelder. Nur, dass sie von der Rechten nicht als solche gesehen, sondern nur als Belastung begriffen werden.
Allein die Liberalen machen in diesem Wahlkampf alles richtig, wenn sie Wirtschaftsmigration, Asyl und Flüchtlingsstatus voneinander unterscheiden und diese Unterscheidung in eine entsprechende Rechtsform gießen wollen. In einer aufgeheizten Stimmung wie der aktuellen bewusst auf gelenkte und rechtskonforme Wirtschaftsmigration zu setzen, kann den Liberalen nicht hoch genug angerechnet werden: in Deutschland wird seit der Gastarbeiterbewegung auf niemanden so krass herabgeschaut wie auf den Wirtschaftsmigranten. Dabei wäre die deutsche Wirtschaft ohne ihre Leistung in den vergangenen fünfzig Jahren nie dort angelangt, wo sie heute ist.