Bildungspolitik Mehr Geld für Schulleiter!

Eine Schule führen bedeutet viel Arbeit – und bringt Lehrern kaum zusätzliches Geld. Ein schwerer Fehler: Wer gute Schulen will, muss den Rektoren Topgehälter zahlen.

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Hunderte Rektorenstellen an den Schulen in Deutschland sind wegen Bewerbermangels unbesetzt. Quelle: dpa

Vor acht Jahren hatte Zeke Vanderhoek eine Idee. Der Yale-Absolvent gründete in New York eine Schule, die ihren Lehrern Spitzengehälter zahlt. Statt der in New York durchschnittlichen 65.000 Dollar pro Jahr werde es bei ihm 125.000 Dollar geben, versprach Vanderhoek. Sein Kalkül: Topentlohnung müsse doch Toplehrer an­locken. Wie in jedem anderen Unternehmen auch führe gutes Personal zu guten Ergebnissen, so die Hoffnung des New Yorker Schulpioniers.

Heute erreicht Vanderhoeks Schule „The Equity Project“ bei Bewertungen Spitzenwerte. Eine Evaluation aus dem Jahr 2014 attestiert: Ihre Schüler wissen deutlich mehr als andere. In Mathematik sammeln sie in vier Jahren so viel Wissen an wie durchschnittliche New Yorker Schüler nach fünfeinhalb. Hunderte Lehrer bewerben sich jedes Jahr bei Vanderhoek. Für das höhere Gehalt verzichten sie auf Urlaub und nehmen Mehrarbeit in Kauf. Vanderhoek kann sich die besten Pädagogen aussuchen. Seine Idee hat funktioniert.

Deutschland kann von dem US-Experiment viel lernen.

Es ist keine marktwirtschaftlich neue Erkenntnis, dass hohe Gehälter besonders begabte und fleißige Bewerber anziehen. In Schulen aber ignoriert man dieses Basiswissen konsequent. Jeder Anwalt, Ingenieur oder Arzt verdient mehr als ein Lehrer. Noch abstruser ist der mickrige Gehaltszuwachs, den ein Schulleiter zugestanden bekommt.

An Grundschulen gibt es für Rektoren je nach Bundesland nur 250 Euro pro Monat mehr. An Gymnasien fällt das Gehaltsplus etwas üppiger aus. Dafür verzichten Schulleiter auf Freizeit, müssen zwischen Kollegium, Eltern, Schülerschaft und Schulaufsicht vermitteln, etliche Verwaltungsaufgaben schultern – und weiterhin vor der Klasse stehen. „Für das bisschen mehr Gehalt wollen sich viele sogar dafür geeignete Lehrer diesen Stress nicht antun“, sagt Josef Kraus, der bis vor Kurzem Präsident des Deutschen Lehrerverbandes war und selber eine Schule geleitet hat.

Das Ergebnis: An etlichen deutschen Schulen fehlen die Schulleiter. Allein in NRW blieben an Grundschulen im vergangenen Jahr 345 Rektorenposten unbesetzt. Stellvertreter ließen sich gar an 670 Grundschulen nicht mehr finden, da ihr Gehaltsplus noch geringer ausfällt.

Besoldung von Schulleitern am Beispiel Baden-Württemberg

Auch in anderen Bundesländern bleiben viele Posten jahrelang offen. Dazu kommt: Oft sind es nicht die Besten, die am Ende eine Schule leiten. „Wenn eine Stelle zweimal oder dreimal erfolglos ausgeschrieben war, ruft das Ministerium gezielt Lehrer an und fordert sie auf, sich zu bewerben“, erzählt Josef Kraus. „Leider ist das dann oft die zweite Wahl.“

Für die Schüler ist dieser Zustand katastrophal. Schulleiter prägen den Geist einer Schule maßgeblich mit. Sie entscheiden, worauf sich die Schule spezialisiert, in welche Zukunftsprojekte sie investiert, wie die Atmosphäre im Kollegium ist. Wie jeder Chef geben sie die großen Linien vor. Wie in jedem Unternehmen entscheidet auch die Qualität des Chefs über den Erfolg des ganzen Projekts.

Wie das Experiment von Zeke Vanderhoek aus New York beweist, wäre es gar nicht so schwer, die offenen Schulleiter-Stellen mit den besten Kandidaten zu besetzen. 125.000 Euro pro Jahr für Schulleiter – und innerhalb weniger Monate wäre wohl jede Stelle besetzt.

Allerdings wäre auch das nur ein Anfang. Denn der wichtigste Faktor für den Lernerfolg der Schüler ist der Lehrer selbst. Das hat der Bildungsforscher John Hattie in jahrelanger Fleißarbeit herausgefunden. Hattie analysierte Hunderte Studien, die untersucht hatten, worauf es beim Lernen ankommt. Kleine Klassen, viel Technik oder besondere Lernmethoden sind demnach zweitrangig. Bloß auf die Qualität des Lehrers kommt es an.

Zeke Vanderhoek hatte das bereits vor Hatties Untersuchungen erkannt. Die Bildungsrepublik Deutschland sollte sich daran ein Beispiel nehmen – und endlich für eine wirklich leistungsgerechte Bezahlung seiner Schulleiter sorgen.

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