Bundeswehr in der Türkei Jordanien als mögliche Alternative für Incirlik

Das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik erzürnt die Opposition. Rufe nach Alternativstandorten werden laut. Gabriel hofft noch auf ein Einlenken, sieht aber auch Grenzen.

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Ein Tornado der Luftwaffe der Bundeswehr startet im Januar in Incirlik (Türkei) zu seinem ersten Einsatzflug. Quelle: dpa

Im Streit über das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf dem Stützpunkt Incirlik setzt Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) erst einmal weiter auf ein Einlenken der Türkei. „Ich kann nur hoffen, dass die türkische Regierung ihre Meinung in den kommenden Tagen ändert. Sonst wird der Deutsche Bundestag sicher die Soldaten nicht in der Türkei lassen“, sagte Gabriel der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wenn jetzt ständig deutsche Staatsbürger mit nicht nachvollziehbaren Vorwürfen in Haft kämen, Deutsche nicht ausreisen dürften aus der Türkei und „nun auch noch das deutsche Parlament erpresst werden soll, ist die Grenze des Erträglichen erreicht“.

Ankara hatte Verteidigungsexperten des Parlaments am Montag einen Besuch in Incirlik verweigert, weil türkischen Soldaten in Deutschland zuvor Asyl gewährt worden war. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sagte, diese Soldaten seien in den Putschversuch vom Juli 2016 involviert gewesen. Er warnte davor, die Partnerschaft mit der Türkei aufs Spiel zu setzen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will am Wochenende in Jordanien die Möglichkeit eines Alternativ-Standorts für die deutschen Soldaten im Anti-IS-Kampf erörtern. „Ich werde in Jordanien einerseits mir ein Bild vor Ort machen, aber andererseits auch Gespräche mit dem König führen. Das sind jetzt erste Sondierungsgespräche, die notwendig sind“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Berlin. Bereits am Dienstag sei ein Erkundungstrupp in das Land aufgebrochen, um die Möglichkeiten einer Verlegung auszuloten.

Als zweite Möglichkeit stehe aber auch noch Zypern als Standort im Raum, sagte von der Leyen. „Ich möchte allerdings auch in diesem Zusammenhang sehr deutlich darauf hinweisen, dass Gespräche mit der türkischen Regierung noch geführt werden.“ Der Bundestag soll in der nächsten Sitzungswoche über die Ergebnisse der Gespräche informiert werden.

Die Bundesregierung hatte zuvor erstmals offen mit einem Abzug der deutschen „Tornado“-Aufklärungsjets von dem Stützpunkt gedroht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gabriel wollen aber zunächst in weiteren Gesprächen versuchen, die türkische Regierung umzustimmen. Die Türkei und Deutschland sind Nato-Partner, das Verhältnis beider Länder hatte sich aber in den vergangenen Monaten stark verschlechtert.

Die Bundeswehr beteiligt sich von der Basis in Incirlik aus am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Opposition im Bundestag will ein schnelles Votum des Parlaments über den sofortigen Abzug herbeiführen. Spitzen der Unionsfraktion sprachen sich dafür aus, nach einem neuen Standort zu suchen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, ein Erkundungsteam wolle sich auf den Weg nach Jordanien machen, um eine Alternative auszuloten. Demnach sollen die Fachkräfte Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Freitag in Amman über die Ergebnisse informieren. Sie nimmt dort an einer Konferenz teil. Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativstandorte in Jordanien, Kuwait und auf Zypern geprüft. Favorit ist Jordanien.

Zuerst hatte „Der Spiegel“ über die erneute Entsendung der Experten nach Jordanien berichtet. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins werde konkret geprüft, wie schnell die Bundeswehr von der Basis ihre Überwachungs- und Tankflüge starten könnte. Am Wochenende wolle Ministerin Ursula von der Leyen die Basis selbst in Augenschein nehmen. Die CDU-Politikerin habe die Reise nach Jordanien schon lange geplant, da sie an einer Wirtschaftsveranstaltung dort teilnehmen wolle. In der Hauptstadt Amman werde von der Leyen zudem mit der jordanischen Regierung über eine mögliche Stationierung sprechen.

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Gabriel sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, der Einsatz der Bundeswehr in Incirlik sei ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den IS-Terror. „Dieses Interesse haben nicht nur wir, sondern auch wichtige Nato-Partner, wie etwa die USA“, betonte der Minister. „Wenn eine vernünftige Arbeit von Incirlik aus nicht mehr möglich ist - und dazu gehört nun einmal auch, dass die Bundestagsabgeordneten ihre Soldaten besuchen können -, dann müssen wir Alternativen ins Auge fassen.“ Deutschland habe in den letzten Monaten „wirklich alles getan, um die Türen für die Türkei nicht zuzuschlagen“.

Der Bundestag entscheidet über jeden bewaffneten Einsatz der Bundeswehr. Die Truppe wird deshalb auch als „Parlamentsarmee“ bezeichnet.

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