Edathy-Affäre CSU-Vorstandsmitglied fordert Rücktritt von Oppermann

In Berlin schildert Sebastian Edathy seine Sicht auf die Kinderpornografie-Affäre und belastet den heutigen SPD-Fraktionschef Oppermann schwer. Prompt bringt ein CSU-Vorstandsmitglied dessen Rücktritt ins Spiel.

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Von Edathy schwer belastet: Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann. Quelle: dpa

Berlin Nach den vom früheren SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy erhobenen Vorwürfen gegen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann fordert ein erstes CSU-Vorstandsmitglied Konsequenzen. „Wenn das stimmt, was Edathy heute und in den letzten Tagen gesagt hat, dann haben wir es hier mit einem riesigen SPD-Sumpf zu tun. Dann wurden Parteiinteressen über die Strafverfolgung gestellt. Das wäre ein ungeheuerlicher Vorgang“, sagte der Münchner Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Jungen Union Bayern, Hans Reichhart, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Wenn Oppermann noch einen Funken Ehre hat, dann wartet er nicht, bis ihn jemand zum Rücktritt zwingt, sondern zieht die Konsequenzen selbst.“

Edathy war zuvor erstmals als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aufgetreten. Er erschien mit seinem Anwalt vor dem Gremium, das klären soll, ob er von Parteikollegen über Ermittlungen wegen des Verdachts auf den Besitz von kinderpornografischem Material informiert wurde.

Zu Beginn der Sitzung legte Edathy den Mitgliedern eine eidesstattliche Erklärung und eine zwölfseitige Abschrift seines SMS-Verkehrs mit seinem Parteikollegen Michael Hartmann vor. Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen, um den Abgeordneten Zeit zu geben, die Dokumente zu lesen. Edathy hatte bereits am Vormittag in der Bundespressekonferenz seine Behauptungen bekräftigt, dass Hartmann ihn regelmäßig über den Stand der Ermittlungen informiert habe.

Demnach will Edathy von Hartmann erfahren haben, dass Oppermann bereits zum Zeitpunkt des Leipziger SPD-Parteitags Mitte November 2013 von Hartmann selbst darüber informiert worden sei, dass das Bundeskriminalamt (BKA) Erkenntnisse darüber habe, dass er, Edathy, auf der Kundenliste einer kanadischen Firma stand, gegen die wegen des Verdachts des Vertriebs kinderpornografischer Filme und Bilder ermittelt wurde.

Über die Informationen, die Hartmann von BKA-Chef Jörg Ziercke bekommen haben soll, sollen zu diesem Zeitpunkt auch der heutige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, Parteichef Sigmar Gabriel sowie Christine Lambrecht (alle SPD), die heutige Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion „im Bilde gewesen“ sein.


Oppermann soll gelogen haben

Was den Vorgang für Oppermann brisant machen könnte, ist der Umstand, dass er in einer Pressemitteilung am 13. Februar 2014 zwar einräumte, Ende November von Hartmann auf Edathy angesprochen worden zu sein. Allerdings sei es in dem Gespräch lediglich um den „schlechten gesundheitlichen Zustand“ Edathys gegangen. In der Angelegenheit selbst habe er keinen Kontakt zu Edathy gehabt, erst nach seinem Rücktritt habe er ihm eine SMS mit „guten Wünschen für seine weitere Zukunft geschickt“.

Laut Edathy hat Oppermann jedoch indirekt auf ihn eingewirkt. Oppermann soll über Hartmann versucht haben, ihm einen Verzicht auf sein Bundestagsmandat nahezulegen. Oppermanns Büroleiter habe Hartmann demnach am 25. Januar 2014 angesprochen und gefragt: „Wie geht das eigentlich weiter mit Sebastian, der ist doch nicht mehr tragbar“.

Die Darstellung Edathys wirft kein gutes Licht auf Oppermann, zumal er doch mehr gewusst zu haben scheint, als er angegeben hatte. In einer am Donnerstag von der Bundespressekonferenz veröffentlichten Eidesstattlichen Versicherung wirft Edathy Oppermann sogar vor, mit seiner Pressemitteilung die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben. „Wir (Hartmann und Edathy) waren uns einig, dass der Text nicht der Wahrheit entspreche“, schreibt Edathy. Konkrete Details nennt Edathy aber nicht.

Erst durch die Mitteilung Oppermanns vom Februar 2014 hatte die Öffentlichkeit erfahren, dass Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Oktober 2013 SPD-Chef Gabriel über mögliche Kinderpornografie-Ermittlungen gegen Edathy informiert hatte. Oppermanns Pressemitteilung löste den Rücktritt von Friedrich aus, nachdem diesem infolge von Oppermanns Erklärung Geheimnisverrat im Fall Edathy vorgeworfen wurde.

Seine Quelle in der SPD, Hartmann, habe damals vorab einen Entwurf von Oppermanns Erklärung besessen, erklärt Edathy. Hartmann habe damals noch intervenieren wollen. „Am Folgetag musste ich aber zur Kenntnis nehmen, dass dies - falls geschehen - offenkundig nicht erfolgreich war.“


Kein Informationen von der SPD-Spitze an Edathy

Oppermann hatte seine Darstellung später selbst in einem Punkt korrigiert. Zunächst hatte er erklärt, er habe sich die von Friedrich an die SPD gegebenen Informationen vom damaligen BKA-Präsidenten Ziercke in einem Telefonat bestätigen lassen. Als Ziercke dies dementierte, erklärte Oppermann, er habe das seinerzeit in dem Telefongespräch falsch aufgefasst.

Ob Edathy sich mit seinem Vorwurf nun darauf bezieht oder auch andere Punkte in Oppermanns Darstellung anzweifelt, ist bislang offen.

Oppermann bleibt bis heute dabei, dass er Hartmann Ende November 2013 in einem Gespräch lediglich gebeten habe, sich um den gesundheitlich angeschlagenen Edathy zu kümmern. Die drohenden Ermittlungen hätten keine Rolle gespielt.

Den Verdacht, Oppermann selbst habe direkt oder auf Umwegen unerlaubt Informationen über laufende Ermittlungen an Edathy weitergegeben, weist Edathy zurück: „Ich will sehr deutlich sagen, ich bin nicht informiert worden.“ Edathy betont, er habe „Schaden abzuwenden wollen vom Parlament und auch von meiner Fraktion“. Ihm gehe es nicht darum, Rache zu üben an alten SPD-Freunden. „Ich will auch nicht aufrechnen.“

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