Einblick

Jammern im Abschwung

Wahlergebnisse und Wirtschaftsdaten zeigen: Wir können dem Frust ein Schnippchen schlagen – ein echtes Aufschwungrezept.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht Blumen an Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Quelle: dpa

Donald Trump hat der Bundeskanzlerin zum Wahlergebnis im Saarland gratuliert. Huch? Optische Verwechslung? Gratulations-Tourette? Oder schlicht mangelnde Kenntnis des deutschen Staats- und Regierungssystems?

Vielleicht hat der US-Präsident vielmehr etwas verstanden, gestützt durch weise Berater, die es doch irgendwo im Dunstkreis des Weißen Hauses geben muss. Er hat verstanden, dass das kleine Saarland große Bedeutung haben könnte. Insofern nämlich, als nicht nur die Umfragen auf einen Abstieg der Mehrheitspartei CDU und einen Aufstieg der SPD hindeuteten. Es lag auch fest verankert in der anekdotischen Evidenz eines jeden Gesprächspartners, dass sich die allgemeine Unzufriedenheit in dieser Wahl Bahn brechen würde.

So lässt sich das Wahlergebnis im Saarland sicher nicht interpretieren. Das ist komisch, denn über nichts wird öffentlich auf Veranstaltungen, in Politik und Medien so viel lamentiert wie über die schwierigen Zeiten. Die sind vielleicht doch nicht so schwierig, wie ständig behauptet wird. Denn trotz des in dieser Woche formell erklärten Brexits, trotz der protektionistischen Töne von Donald Trump, trotz der Unsicherheit im Blick auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl in Frankreich und trotz der akustischen Amokläufe des türkischen Staatspräsidenten ist etwas verblieben, das uns zuversichtlich stimmen kann.

Neudeutsch nennt man das Resilienz. Die Widerstandsfähigkeit, die einen Organismus, eine Person oder auch einen Staat und eine Gesellschaft in die Lage versetzt, mit Veränderungen umzugehen, Widersprüche auszuhalten und doch zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Resilienz ist ein Pfund, mit dem sich gerade in unübersichtlichen Zeiten wuchern lässt. Nur haben die Deutschen dafür eigentlich kein ausgeprägtes Talent.

Umso erfreulicher, dass der ifo-Geschäftsklimaindex diese Haltung auch für die Wirtschaft mit Zahlen unterfüttert. War die Stimmung bei den 7000 befragten Unternehmen ohnehin schon gut, so ist sie nun blendend. Der neuerliche Anstieg gilt sowohl der aktuellen Lage als auch den Erwartungen für das kommende Halbjahr. ifo-Präsident Clemens Fuest hat recht, wenn er folgert: „Der Aufschwung gewinnt an Kraft.“ Das ist eine schöne Botschaft und auch Messlatte für all die Zukunftsstänkerer, die immer schon Böses im Satz des Kaffees lesen, bevor den überhaupt jemand aufgebrüht hat. Oder wie Erich Kästner in „Emil und die Detektive“ schreibt: „Die Leute gehörten bloß zu der Sorte, die nicht zufrieden sein wollen, weil sie sonst zufrieden wären.“ Manchmal sagen Kinderbücher mehr als alle Statistiken.

In der nächsten Woche wird an dieser Stelle Beat Balzli als Chefredakteur übernehmen. Nach Ostern lesen wir uns dann in meiner neuen Aufgabe als Herausgeberin wieder regelmäßig auf der letzten Seite und sehen uns auf unseren Club-Veranstaltungen. Auf bald!

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