Einblick

Sagen, was ist

Wirtschaft entscheidet über Zukunft. Aber kaum ein Politiker spricht klar an, worum es geht. Da ließe sich von Unternehmen lernen.

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Der (Noch-)Premierminister Italiens, Matteo Renzi. Quelle: REUTERS

Man kann ein Land nicht wie ein Unternehmen regieren. Aber es könnte sehr nützlich sein, wenn die derzeitigen politischen Führungskräfte sich mal etwas von guter Führung eines Unternehmens in Transformation abgucken würden. Stellen wir uns ein Unternehmen vor, das keine klare Strategie hat und überschuldet ist. Die Führung hat zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt die Dinge laufen, dann rutscht der Laden irgendwann in die Insolvenz, und viele verlieren viel. Oder die Führung tritt an, um aufzuräumen, das Unternehmen neu aufzustellen, in die neue Ausrichtung zu investieren und vor allem klare Ansagen zu machen, was notwendig ist, warum das so ist und wie es gelingen kann.

In Italien ist dies, nach der beschriebenen Analogie, eben nicht konsequent geschehen. Bald-Expremierminister Matteo Renzi hat am vergangenen Wochenende über eine Verfassungsreform abstimmen lassen, die sicher in die richtige Richtung ging. Aber Italien hat gerade ganz andere Probleme. Das Land ist hoch verschuldet und hat seit der Finanzkrise 25 Prozent seiner Industrieproduktion verloren. Das industrielle Herz des Landes stottert und kann vor allem die Jugend nicht mehr versorgen. Fast 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit ist die dramatische Folge. Statt klar zu sagen, was wie und warum wirtschaftlich verändert werden soll, um der Jugend wieder Perspektiven zu bieten, hat Renzi sich in seiner Verfassungsreform verheddert. Auch die Jugend hat dagegen gestimmt. Dagegen ist immer die Wahl, wenn das Dafür unklar bleibt.

Das war ein drastischer Fehler. Übertroffen nur vom ehemaligen britischen Premierminister David Cameron, der – unfähig, die politischen Probleme in seiner Partei und seinem Land zu lösen – mal eben über den Brexit abstimmen ließ. Und – huch! – der kommt jetzt auch.

Der "ewige Zweite" auf dem Weg nach oben
François Fillon Quelle: AP
Francois Fillon Quelle: REUTERS
Francois FIllon und Vladimir Putin Quelle: AP
Fillon 2009 bei einer Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. Quelle: REUTERS
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Premierminister, Francois Fillon 2010 Quelle: dpa
Francois Fillon mit seiner Frau Penelope Quelle: REUTERS
Francois Fillon Quelle: dpa

Wenn es um Wirtschaft geht, dann muss man über Wirtschaft sprechen – auch in der Politik.

In Europa geht es derzeit wesentlich um Wirtschaft. Darum, dass viele sich auf dem Weg in die Globalisierung zurückgelassen fühlen, dass ökonomische Reformen zu lange ausgeblieben sind, dass jetzt auf Kosten der Zukunft gelebt wird. Aber kaum jemand (Ausnahme: der französische Präsidentschaftsanwärter François Fillon) hat vernünftigen Klartext parat. Heute geschieht die Transformation, die eine Volkswirtschaft morgen voranbringt.

In ihrer 77-minütigen Rede auf dem Bundesparteitag der CDU hat ihre Chefin Angela Merkel, die ja auch Bundeskanzlerin ist, exakt sechs Mal über Wirtschaft gesprochen. Jeweils kurz und unverbindlich. Es ging allgemein um soziale Marktwirtschaft, Arbeitsplätze und Digitalisierung. Wo waren die klaren Worte zu den Investitionen in die Zukunft, zu den Kosten der Energiewende, denen der Flüchtlingsintegration, für mehr unternehmerische Freiheit, um Digitalisierung in wirtschaftliches Handeln umzusetzen? Man kann ein Land nicht wie ein Unternehmen regieren. Aber auch nicht wie eine Meditationsgruppe.

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