Friedhelm Wachs "Ich kann mir mein Seelenheil nicht durch Ablass erkaufen"

Der evangelische Unternehmer Friedhelm Wachs über Martin Luthers Geldkritik, Arbeit als Gottesdienst - und die Vereinbarkeit von Kapitalismus und christlicher Liebesbotschaft.

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Friedhelm Wachs ist Unternehmer, Berater und internationaler Verhandlungsexperte. Quelle: Presse

Deutschland feiert 500 Jahre Reformation und das Wirken Martin Luthers. Aus Sicht der Wirtschaft stellt sich die Frage: Ein "christlicher Unternehmer" sein, "protestantisch verantwortlich handeln" oder "mit Luther wirtschaften" – geht das überhaupt?
Das geht perfekt. Unsere Soziale Marktwirtschaft basiert auf den ethischen Grundlagen und den ordnungspolitischen Prinzipien des Freiburger Bonhoeffer-Kreises. Dietrich Bonhoeffer dürfte als Theologe über jeden Zweifel erhaben sein. 1942 erarbeitete der von ihm inspirierte Kreis eine Wirtschafts- und Sozialordnung im Auftrag der Bekennenden Kirche für die Zeit nach Adolf Hitlers Terrorherrschaft, die auch heute, bald 75 Jahre nach ihrer Formulierung an Aktualität nichts eingebüßt hat. Das Ziel war, „eine Wirtschaftsordnung vorzuschlagen, die - neben ihren sachlichen Zweckmäßigkeiten - den denkbar stärksten Widerstand gegen die Macht der Sünde ermöglicht, in der die Kirche Raum für ihre eigentlichen Aufgaben behält und es den Wirtschaftenden nicht unmöglich gemacht oder systematisch erschwert wird, ein Leben evangelischer Christen zu führen." Das Ergebnis ist die Soziale Marktwirtschaft. In dieser Wirtschaftsordnung sind christliche Unternehmer ein zwingender Bestandteil.

Zur Person (Wachs)

Was unterscheidet einen christlichen Unternehmer von einem "ehrbaren Kaufmann“?
Gehen wir auf den Kern: Wenn wir das heutige Bild des ehrbaren Kaufmanns in den Blick nehmen, hält dieser Maß, weil er Angst vor den Konsequenzen anderer Menschen hat oder sich einen Vorteil von seinem Wohlverhalten verspricht. Der christliche Unternehmer hält Maß, weil er sich an der christlichen Botschaft orientiert und seine persönliche Verantwortung vor Gott sieht. Im Handeln kann beides gleich aussehen, die Grundlage unterscheidet sich aber fundamental. Der irdische Nutzen heute treibt den ehrbaren Kaufmann, das göttliche Heil den christlichen Unternehmer. Im Kern heißt das: Freiheit und Verantwortung gehören für den Protestanten zusammen, weil er sich jeweils allein und individuell vor Gott verantworten muß und gleichzeitig frei ist, weil Jesus die Schuld des Sünders tilgt. In Luthers Sprache hieß das 1520 in seiner Schrift von der "Freiheit eines Christenmenschen": „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Von Milton Friedman stammt der schöne Satz: "The business of business is business“. Das wirft die Frage auf: Warum überhaupt sollen Unternehmen einen moralischen Überschuss produzieren?
Es geht nicht um Moral, sondern um zwei Grundfragen. Die eine heißt: Wofür überhaupt Business? Die Grundlage von "Business" ist der Mensch. Auch hochentwickelte Tiere haben Austausch, aber kein Business. Maschinen haben per se höchstens einen Hang zur Optimierung, aber nicht zu Business. Business funktioniert also nicht ohne den Menschen, woraus zu folgern ist, dass Business, das nicht dem Menschen dient, kein Business ist. Die zweite Grundfrage lautet: Was dient dem Menschen? Und hier lautet die globale Antwort: alles was ihm das Leben erleichtert oder erhält, woraus dann auch der Erhalt der Lebensgrundlagen und damit Fragen der Nachhaltigkeit abgedeckt wären.

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