Groko-Sondierung erfolgreich Spitzen von Union und SPD wollen koalieren

Mehr als 24 Stunden hat die letzte Sondierungsrunde gedauert, doch nun bahnt sich ein Ende an. Die Parteichefs von Union und SPD haben sich offenbar über Streitthemen in der Finanz- und der Flüchtlingspolitik verständigt.

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Möchten gemeinsam eine Koalition wagen: CDU-Chefin Angela Merkel mit dem SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz. Quelle: dpa

Berlin Bis in den Morgen haben die Unterhändler von Union und SPD am Freitag um ein tragfähiges Gesamtergebnis ihrer Regierungssondierungen gerungen. Erst nach mehr als 24-stündigen Beratungen steht fest: Die Spitzen von CDU, CSU und SPD wollen gemeinsam regieren und eine Große Koalition eingehen. Die Sechser-Runde aus Partei- und Fraktionsvorsitzenden habe eine Einigung erzielt, verlautet es aus Parteikreisen.

Bis zuletzt war um einen erfolgreichen Abschluss gerungen worden. Selbst ein Scheitern der Sondierungen wurde zwischenzeitlich nicht ausgeschlossen. Zentrale Probleme waren bis zuletzt die Finanz- und die Flüchtlingspolitik. Aber auch bei Themen wie Rente und Gesundheit hakte es.

Jetzt sind die verhandelten Punkte zu Papier gebracht. Noch am Vormittag wollen CDU-Chefin Angela Merkel und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz ihren Gremien das Ergebnis vorstellen. Die Berliner CSU-Landesgruppe plant ebenfalls, zu einer Sitzung zusammenkommen.

Ob die Parteispitzen auch offizielle Koalitionsverhandlungen aufnehmen können, hängt vor allem von einem Parteitag der SPD ab. Am 21. Januar wird Parteichef Schulz mit den Genossen über die Sondierungsergebnisse sprechen und für eine Große Koalition werben. Folgt ihm die Partei, kann die nächste Verhandlungsrunde beginnen.

Noch am Donnerstag hatten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Schulz den Willen zur Einigung bekräftigt. Zugleich war aber klar, dass noch „große Brocken“ aus dem Weg geräumt werden mussten. Dem Vernehmen nach wurde viele Stunden um die Finanzierung verschiedener kostspieliger Projekte in der Steuer-, Sozial- und Gesundheitspolitik gerungen. Obwohl grundsätzlich von einem finanziellen Spielraum von 45 Milliarden Euro für eine künftige Regierung ausgegangen worden war, summierten sich die Kosten für die in den Arbeitsgruppen ausgearbeiteten Einzelvorhaben noch am Donnerstagvormittag auf rund das Doppelte.

Darunter waren Vorschläge wie die Einführung einer solidarischen Lebensleistungsrente, mit der die Renten von langjährigen Geringverdienern aufgebessert werden könnten. Außerdem ging es um eine zusätzliche Unterstützung der Kommunen im zweistelligen Milliardenbereich.

Schwierig waren die Gespräche auch bei der SPD-Forderung nach einer Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent. Wenn diese Anhebung linear erfolgt, könnte dies auch niedrigere Einkommen treffen. Der Union sei es im Gegenzug wichtig, beim Abbau des Solidaritätszuschlages voranzukommen, hieß es. Zugleich pochte die Union nach diesen Informationen auch angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen auf die „schwarze Null“ im Haushalt – also den Verzicht auf neue Schulden.

Die Verhandlungen wechselten zwischen Sitzungen von Arbeitsgruppen, Sechser-Runden der Partei- und Fraktionschefs, getrennten Beratungen der einzelnen Seiten und der großen Gruppe der Unterhändler.

Schulz rückte zum Auftakt der Gespräche auch die Europapolitik in den Mittelpunkt. „Wenn wir in eine solche Regierung eintreten, dann unter der Bedingung, dass sie Europa stark macht“, sagte er vor der SPD-Zentrale, wo die entscheidende Runde stattfand. Ein weiteres SPD-Projekt ist eine einheitliche gesetzliche Bürgerversicherung im Gesundheitssystem. Die Union lehnt eine Bürgerversicherung ab.

Unter anderem beim Unkrautgift Glyphosat, das für massiven Ärger in der bisherigen großen Koalition gesorgt hatte, haben Union und SPD bereits eine gemeinsame Position gefunden. Einig sind sich die Sondierer auch darin, Diesel-Fahrverbote vermeiden und generell Luftverschmutzung durch Autoabgase senken zu wollen. Das nur noch schwer erreichbare deutsche Klimaschutz für 2020 soll aufgegeben werden.

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