Ja zum Ausstieg 2022 Der grüne Segen für Merkels Atomwende wackelt nur kurz

Die Grünen haben nach emotionaler Diskussion grünes Licht für Merkels Atomwende gegeben. Die Anti-Atomkraft-Partei riskiert damit Flecken auf der eigenen Weste - sieht darin aber das kleinere Übel.

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Claudia Roth

Nach gut vier Stunden erreicht die grüne Schlacht um den Atomausstieg unversehens ihren Höhepunkt: Hans-Christian Ströbele bietet der Parteiführung die Stirn. Der altlinke Ur-Grüne sieht nicht ein, warum er Merkels spätem Atomausstieg 2022 zustimmen soll: „Sechs Jahre länger fünf AKW – da können wir nicht ja sagen“, donnert der zerfurchte Kreuzberger. Er erinnert die Partei- und Fraktionsführung, dass sie selbst es waren, die vor wenigen Monaten den Ausstieg bis 2017 beschlossen haben – jetzt sollen sie sich gefälligst treu bleiben.

„Der Kampf geht weiter“ sagt Ströbele noch, und greift so tief in die Kiste der Geschichte der deutschen Linken. „Der Kampf geht weiter“ hatte einst Rudi Dutschke mit erhobener Faust am Grab des zu Tode gehungerten RAF-Terroristen Holger Meins geschworen. Für Ströbele ist klar: Merkels Ausstieg ist „nicht gut genug nach Fukushima“.

Versteinerte Mienen

Der Saal jubelt, der Applaus donnert. Die Videoleinwand zeigt die versteinerten Mienen von Claudia Roth, Cem Özdemir und Jürgen Trittin. Im Saal macht sich Verunsicherung unter denen breit, die die Schlacht schon gewonnen sahen: Einstimmig hatte der Parteivorstand dafür geworben, Merkels Atomausstieg abzusegnen. Nach drei Jahrzehnten Kampf wollen sie der Kanzlerin den Triumph nicht gönnen, allein aus der Atomkraft auszusteigen. Sie wollen dabei sein, wenn das Industrieland Deutschland zum Erstaunen der Welt das Ende der Atomkraft festlegt – und sei es erst 2022 ist.

Doch nun droht Ströbele die Anti-Atom-Partei in die ökologisch Ecke zu zwingen, sie zu isolieren, an der Seite der Linkspartei.

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