Jamaika-Sondierungen Merkel versucht Brückenschlag bei Streitthema Klima

Die Kanzlerin wirbt bei den Jamaika-Verhandlungen für mehr Miteinander zwischen Klimaschutz und Wirtschaft. Die Spitzen der Grüne zeigen sich frustriert über den Stand der Sondierung.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zu den Sondierungsgesprächen von CDU, CSU, FDP und Grünen. Quelle: dpa

Im Ringen um ein Jamaika-Bündnis bemüht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel um einen Brückenschlag beim besonders strittigen Thema Klimaschutz. Wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz müssen nach ihren Worten Hand in Hand gehen. "Wenn Stahlwerke, Aluminiumwerke, Kupferhütten, wenn die alle unser Land verlassen und irgendwohin gehen, wo die Umweltvorschriften nicht so gut sind, dann haben wir für das Klima auf der Welt auch nichts gewonnen", warnte Merkel am Samstag.

Bei den Grünen macht sich unterdessen Ernüchterung über den Stand der Sondierung breit. "Statt der Woche der Wahrheit war das leider eine Woche der Enttäuschung", klagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter gegenüber dem "Spiegel". Bei Themen wie Klimaschutz, Sozial- oder Europapolitik gebe es immer noch riesige Differenzen. Am Sonntag soll ein Chefgespräch Klarheit über den weiteren Verlauf der Sondierung bringen, die am Donnerstag beendet werden soll.

Merkel plädierte für ein Miteinander von Klimaschutz und Wirtschaft. Es müssten Regeln gefunden werden, "dass einerseits die Arbeitsplätze erhalten werden können - und trotzdem unsere Wirtschaft Vorbildcharakter entwickelt für die Entwicklung der Weltwirtschaft", sagte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Dies könne durch das Ordnungsrecht, durch freiwillige Maßnahmen und materielle Anreize geschehen.

Die Grünen machten indes deutlich, dass sie mehr von Merkel und den anderen Sondierungspartnern erwarten. Hofreiter sagte, seine Partei sei "in diese Woche mit klaren und für uns auch schmerzlichen Kompromissangeboten" eingestiegen: "Am Ende der Woche stelle ich fest: Von den anderen kam fast nichts - und das Wenige, das kam, wurde später wieder einkassiert." Vor einigen Tagen hatten die Grünen ihre Forderung nach einem Verbot der Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2030 fallen gelassen. Beim Kohleausstieg zeigten sie sich ebenfalls kompromissbereit, beharrten jedoch auf den Klimaschutzzielen.

Auch der Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin äußerte sich kritisch und forderte mehr Kompromissbereitschaft von Merkel. Wenn er zum jetzigen Zeitpunkt sagen müsste, was er aus den zehn Kernpunkten des Grünen-Wahlprogramms einem Grünen-Parteitag als Verhandlungsergebnis vorlegen könne, dann würde ihm "nichts einfallen", bemängelte Trittin: "Es ist in dieser Woche an der Zeit, dass sich daran etwas ändert". Ähnlich äußerte sich Grünen-Verhandlungsführerin Katrin Göring-Eckardt.

Der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann warb unterdessen für einen Erfolg der Jamaika-Gespräche und verwies dabei auf die deutsche Rolle in der EU. "Jeder Preis, den wir zahlen, ist geringer, als wenn es Neuwahlen gibt", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident der "Bild". Eine Wahl würde sich wahrscheinlich bis in den Sommer ziehen. Dies würde eine "unglaubliche Instabilität" nach Europa bringen, weil Deutschland als Anker ausfalle. Zudem könne man die Bürger nicht so oft wählen lassen, wie es der Politik passe.

Auch Europa-Politiker von CDU, FDP und Grünen machten mit Blick auf die EU Druck. Die Bundesregierung müsse sich mit den Vorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Wiederbelebung der deutsch-französischen Partnerschaft befassen, forderten Franziska Brantner (Grüne), Andreas Jung (CDU) und Michael Georg Link (FDP) in einem Beitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Es brauche dringend eine deutsch-französische Einigung über die Weiterentwicklung und Verteidigung der Wirtschafts- und Währungsunion. "Wir fordern nicht, dass die neue deutsche Regierung allen Vorschlägen Macrons folgt", schrieben sie. Die Diskussion müsse jedoch endlich konstruktiv gestaltet werden: "Emmanuel Macron hat für Frankreich die Hand ausgestreckt - schlagen wir ein!"

Zu den wichtigsten Streitthemen zwischen Union, FDP und Grünen gehören die Einwanderungs-, Klima- und Verkehrspolitik. Am Freitag hatten Arbeitsgruppen aller vier Parteien zu den einzelnen Themen zwar gemeinsam erarbeitete Papiere präsentiert. Allerdings wird dort immer noch eine Vielzahl von Streitpunkten aufgelistet. Parteiübergreifend äußerten sich Unterhändler deshalb unzufrieden.

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