Merkel zu Gast beim Handelsblatt „Keine militärische Lösung für Nordkorea“

Beim großen Handelsblatt-Gespräch „Deutschland Live“ hat sich Angela Merkel den weltpolitischen Krisenherden gewidmet: mit einem Plädoyer gegen Nationalismus und für Globalisierung. Beim Thema Nordkorea setzte sie Trump klare Grenzen.

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Die Bundeskanzlerin im Gespräch mit Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart. Quelle: Nils Bröer

Berlin Angela Merkel ist der anstrengende Wahlkampf nicht anzumerken. Die Bundeskanzlerin strahlt trotz einer Welt in Unruhe Zuversicht aus. Die CDU-Vorsitzende präsentierte sich bei der Handelsblatt-Veranstaltung „Deutschland live“ nicht nur schlagfertig. Sie sprach vor allem Klartext, wenn es etwa um die „America-First“-Politik von US-Präsident Donald Trump ging. „Ein Amerika, das sich um nichts in der Welt kümmert, sondern nur um sich selbst, wird kein großes und kein großartiges Amerika sein.“ Sie wolle daher weiter für ein Verständnis von Globalisierung werben, wonach alle und nicht nur einzelne Länder von den Möglichkeiten profitieren könnten.

In einer lebhaften Diskussion mit Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart am Mittwoch in den Industriehallen des Berliner Westhafens hielt Merkel ein Plädoyer gegen Nationalismus und für Globalisierung. „Deshalb sind die meistgebuchten Reisen von Chinesen nach Deutschland Museumsreisen – um sich mal anzugucken, wie es in den drei oder vier Jahrhunderten war, in denen China nicht vorne mit dabei war“, sagte Merkel als Warnung, wenn Deutschland etwa bei Innovationen im internationalen Wettbewerb zurückfalle. „Wir sind wichtig, weil wir ökonomisch stark sind“, fügte sie hinzu.

Genau an dem Ort, an dem Merkel mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am 3. September ihr TV-Duell bestreitet, trug sie vor rund 450 Mitgliedern des Handelsblatt-Wirtschaftsclubs im Konflikt zwischen Nordkorea und den USA zur Versachlichung der Debatte bei. Auf die Frage, ob Deutschland im Kriegsfall um Nordkorea automatisch an der Seite der USA stehe, sagte Merkel. „Ich sehe für Nordkorea keine militärische Lösung. Ich halte das für falsch.“

Die diplomatischen Mittel seien bei weitem nicht ausgeschöpft. Auch die USA würden derzeit neben den militärischen Drohungen „eine Vielzahl diplomatischer Aktivitäten“ entfalten. Generell gelte, dass die Europäer ihre Zusammenarbeit mit den USA nicht in Zweifel ziehen sollten. In einer unübersichtlichen globalen Lage forderte Merkel eine besser abgestimmte europäische Außenpolitik ein. So sollten etwa im Verhältnis zu China bestimmte gemeinsame Grundsätze eingehalten werden.

Auch innenpolitisch gab es kein Schönreden, wenn es etwa um die Diesel-Krise ging. Die Bundeskanzlerin forderte die Autobauer zu einem offensiveren Engagement für neue, saubere Antriebsarten auf. Verbrennungsmotoren mit Diesel oder Benzin würden noch „eine ganze Weile“ gebraucht, sagte Merkel. Sie wünsche sich zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) im September in Frankfurt aber auch eine Industrie, die sage: „Wir sind auch bereit, uns all den Neuerungen alternativer Antriebstechnologien zu stellen – und zwar mit aller Kraft und allem Mut.“

In der Aufklärung sei „noch einiges zu tun“, sagte Merkel mit Blick auf auffällige Diesel-Abgaswerte. Ziel müsse eine klare Ansage sein, auch an die Autofahrer: „Fehler sind gemacht, aber sie sind auch aufgearbeitet.“ Die Kanzlerin mahnte die Unternehmen, bei Abgastests Spielräume nicht bis zum Letzten auszunutzen. Die Branche sei in einer sensiblen Situation. Wenn eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft eine Schwäche erleide, würde dies noch andere Probleme zur Folge haben. Eine starke Autoindustrie sei „im deutschen Interesse“.

Gleichzeitig bekräftigte Merkel das vor Trumps Amtsantritt in der Nato vereinbarte Ziel höherer nationaler Verteidigungsausgaben. Dafür werde man „überhaupt gar keine sozialen Ausgaben streichen“, widersprach die CDU-Chefin erneut Vorwürfen, die etwa von der SPD kommen. Bereits in den vergangenen Jahren sei es geschafft worden, Ausgaben für Forschung und auch für die Bundeswehr zu verstärken.

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