Nachhaltigkeit „Andere Länder sind bei dem Thema weiter“

Michael Schmidt (43), Geschäftsführer bei Deka Investment. Quelle: PR

Beim Weltklimagipfel in Bonn gibt sich Deutschland grün. Experten haben einen anderen Eindruck. Michael Schmidt, Geschäftsführer bei Deka Investment, ist besorgt über die Zurückhaltung bei manchen Nachhaltigkeitsthemen.

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WirtschaftsWoche: Herr Schmidt, durch den Weltklimagipfel in Bonn ist das Thema Umwelt in aller Munde. Und Deutschland als Gastgeberland soll dort besonders aktiv sein, hört man aus Bonn. Weltweit beschleunigt sich der Trend zur Nachhaltigkeit. Warum sind Sie dann der einzige Vertreter eines deutschen Unternehmens, der das Thema in einer hochkarätigen Beratergruppe für Finanzfragen bei der EU-Kommission vertritt?

Herr Michael Schmidt: Ich bin einer von 20 Teilnehmern in der so genannten High-Level Expert Group on sustainable finance, die die EU-Kommission beraten soll in Fragen, zur Nachhaltigkeit in der Finanzbranche. Darunter sind sieben Briten, vier Franzosen und andere Nordeuropäer. Südeuropa ist kaum vertreten. Warum das so ist, müssen Sie die Europäische Kommission fragen. Sie hat die Auswahl getroffen. Vielleicht spiegelt sich hier die Wahrnehmung in der EU wider, dass andere Länder in dem Thema weiter sind. Es ist aber trotzdem ein sehr wertvoller Dialog zu zukünftigen Regulierungsvorhaben und möglicherweise auch Produktentwicklungen.

Behandelt Deutschland das Thema Nachhaltigkeit zu nachlässig, wenn man sich dort nicht stark engagiert? Müssen ökologische und soziale Aspekte sowie eine verantwortungsvolle Unternehmensführung stärker im Bewusstsein verankert werden?

Also kürzlich hat Kanzlerin Angela Merkel bereits gesagt, dass jetzt jedes Bundesministerium einen Nachhaltigkeitsbeauftragten bekomme. Auch überlegt das Bundesministerium der Finanzen, ob es einen Green Bond herausgeben soll, das sind Anleihen, die nur zur Finanzierung von klimaschonenden Projekten eingesetzt werden sollen. Das ist schon mal ein Anfang. Allerdings sind andere Länder viel weiter fortgeschritten, weil Nachhaltigkeit inzwischen halt auch sehr ökonomische Aspekte hat. Es entstehen daraus viele neue Geschäftsmodelle. Frankreich ist auch ein Vorreiter seit dem Pariser Klimagipfel. Dort gibt es schon ein Gesetz, dass Vermögensverwaltern unter anderem vorschreibt, den Co2-Ausstoß bei den Unternehmen, in die sie investieren, zu veröffentlichen. Bei der EU-Kommission herrscht dort eine große Betriebsamkeit und deshalb ist es wichtig, hier einzusteigen, sonst läuft Deutschland Gefahr, nicht mehr proaktiv mitzusteuern.

Was verliert man dadurch?
Man muss in Brüssel in punkto Nachhaltigkeit mitunter etwas bremsen, sonst schreiten sie zu schnell voran und das wäre wirtschaftlich schwierig. Aber alles, was dort diskutiert wird, hat große Bedeutung für Deutschland. Es gibt viele Vermögensverwalter, die etwa Öl- und Kohleinvestments meiden, das kann für manchen Emittenten zu höheren Zinsen bei seinen Anleihen führen, weil die Nachfrage nachlässt und sich Anleger das gestiegene Risiko dieser Anleihen mit höheren Zinsen vergüten lassen, so etwas kann sich in andere Umwelt- oder Sozialbereiche fortsetzen. Das kann man nicht ignorieren.

Zur Person

Fordern Sie Nachhaltigkeit auch von den Unternehmen ein, etwa durch Ihre Auftritte auf Hauptversammlungen?
Ja, eine klare Klimastrategie ist uns wichtig, denn die nationalen Klimaziele sind nur mit den Unternehmen zu erreichen, das ist auch der Bundesregierung klar. Positive Beispiele sind für mich Siemens oder auch die Deutsche Post, bei der ich einem Nachhaltigkeitsbeirat angehöre und bei der die Null-Emissions-Strategie bis 2050 läuft. Es ist aber auch nicht sinnvoll, gleich alle Aktien von kritischen Branchen zu verkaufen. Das kann ein soziales Problem aufwerfen, wenn es Arbeitsplätze kostet und kann auch Versorgungsengpässe verursachen, also begleiten wir die Unternehmen lieber auf dem Weg hin zu nachhaltigerem Wirtschaften.

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