Rentenversicherungsbericht Bundesregierung rechnet 2018 mit steigenden Renten

Beiträge runter, Renten rauf - doch das Ende der rosigen Zeiten ist absehbar. Der Jubel über die Entlastung der Beitragszahler hält sich bei manchen deshalb in engen Grenzen.

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Millionen Beitragszahler können sich auf eine leichte Entlastung bei der Rente freuen Quelle: dpa

Trotz absehbaren Finanzdrucks auf die Rentenkasse werden im kommenden Jahr die Beiträge leicht gesenkt und die Renten spürbar erhöht. Der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung sinkt zum 1. Januar um 0,1 Punkte auf 18,6 Prozent. Das Bundeskabinett ließ am Mittwoch in Berlin eine entsprechende Verordnung des Sozialministeriums passieren.

Die Absenkung ist möglich, weil die Rentenfinanzen sich wegen der guten Konjunktur und Lohnsteigerungen derzeit positiv entwickeln. Vorgeschrieben ist ein Mechanismus, nach dem der Beitragssatz gesenkt wird, wenn die prognostizierte Rücklage der Rentenversicherung einen bestimmten Wert überschreitet.

Bei einem Bruttoverdienst von 3000 Euro monatlich führt die Beitragssatzsenkung zu einer Entlastung von 1,5 Euro für die Arbeitnehmer. Dazu können die Beitragszahler auch auf eine leichte Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge hoffen, denn hier sinkt der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,1 Punkte auf 1,0 Prozent. Der Gesamtbeitrag sinkt im Schnitt damit von 15,7 Prozent auf 15,6 Prozent. Einzelne Kassen können darunter oder darüber liegen.

Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, sprach von einer erfreulichen Entwicklung für die Beitragszahler. Aber auch die Rentner profitierten - die Rentenerhöhung im Juli werde spürbar über der Preissteigerung liegen. Die Renten dürften zum 1. Juli um rund 3 Prozent in Ost und West steigen. Wer nach 45 Jahren mit Durchschnittseinkommen auf 1396 Euro Rente (West) oder 1336 Euro (Ost) kommt, bekommt rund 42 beziehungsweise 40 Euro mehr im Monat.

Künftig aber verschlechtern sich die Rentenfinanzen mit dem Eintritt geburtenstarker Jahrgänge ins Rentenalter deutlich. 2023 dürfte der Beitragssatz laut dem ebenfalls im Kabinett beratenen Rentenversicherungsbericht wohl wieder auf 18,7 steigen. Dann steigt er weiter. Im Jahr 2031 dürfte er bei 21,9 Prozent liegen.

Das Sicherungsniveau vor Steuern - das Verhältnis von Renten zu Löhnen - beträgt derzeit 48,2 Prozent und sinkt nach 2024 unter 48 Prozent. 2031 dürfte das Rentenniveau auf 44,6 Prozent fallen, wenn die Politik die Weichen nicht vorher anders stellt. „Der Rückgang des Sicherungsniveaus vor Steuern macht deutlich, dass die gesetzliche Rente zukünftig alleine nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard des Erwerbslebens im Alter fortzuführen“, so der Rentenversicherungsbericht. Zusätzliche Vorsorge sei dazu nötig.

Heute kommen 63 Prozent aller Einkommen der Seniorenhaushalte von der gesetzlichen Rente. 2015 kamen Ehepaare in den alten Ländern auf ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 2572 Euro, alleinstehende Männer auf 1593 Euro und Frauen auf 1422 Euro. In den neuen Ländern verfügten Ehepaare über 2257 Euro, alleinstehende Männer über 1389 Euro und Frauen über 1370 Euro je Monat.

Während die Ausgaben der Rentenkasse im laufenden Jahr mit rund 293 Milliarden Euro von den Einnahmen gedeckt sind, geht die Schere in den kommenden Jahren auseinander. Im Jahr 2021 dürften die Ausgaben die Einnahmen um 4,6 Milliarden Euro übersteigen.

Seit längerem kritisieren Sozialverbände und Gewerkschaften die bereits absehbar gewesene Beitragssatzsenkung. Der Sozialverband VdK mahnte, die Finanzspielräume sollten besser für die Bekämpfung von Altersarmut genutzt werden. „Es geht um eine langfristige Sicherung der Rentenkassen“, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher.

„Ich fordere einen Verzicht auf jegliche Beitragssatzsenkungen, bis langfristig und verbindlich die Weichen für eine lebensstandardsichernde Rente gestellt werden“, sagte der Linken-Rentenexperte Matthias W. Birkwald.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer begrüßte, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch die Beitragssenkung um rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr entlastet würden. „Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass der Aufschwung die Sozialversicherung stabil hält“, sagte er. Auch deshalb brauche es schnell eine handlungsfähige Regierung.

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