Strafrechtler zu Pegida-Demo Der Galgen ist nur beleidigend

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Mann, der mit einem Galgen für Merkel und Gabriel an einer Pegida-Demo teilgenommen hat. Strafrechtler Christian Fröba erklärt, ob der Mann mit einer Strafe rechnen muss.

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Ein Pegida-Anhänger trägt während einer Demo einen Galgen für Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel mit sich. Quelle: REUTERS

Eine Woche vor dem einjährigen Bestehen sind 9000 Pegida-Anhänger in Dresden noch einmal zu einer Demo zusammengekommen. Darunter war auch ein Mann mit einem Galgen, der für Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel reserviert gewesen sein soll. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Dem Pegida-Anhänger wird vorgeworfen, den öffentlichen Frieden gestört und zu Straftaten aufgefordert zu haben. Christian Fröba, Fachanwalt für Strafrecht, ordnet den Fall juristisch ein.

Herr Dr. Fröba, hat das Verhalten des Pegida-Anhängers nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun?

Offensichtlich soll zum Ausdruck kommen, dass Frau Merkel und Herr Gabriel aufgehängt werden sollen. Ich habe aber gewisse Zweifel daran, dass es schon ausreicht, das Ganze als öffentliche Aufforderung zu Straftaten zu verfolgen. Die Aufforderung, Frau Merkel und Herrn Gabriel zu erhängen, müsste aus meiner Sicht etwas konkreter sein: Es fehlen beispielsweise Zeit und Ort, was für eine weitergehende Konkretisierung wohl erforderlich wäre. Jedenfalls könnten Frau Merkel und Herr Gabriel innerhalb von drei Monaten auch einen Strafantrag wegen Beleidigung stellen. Die durch den Galgen und die entsprechenden Aufschriften manifestierten Äußerungen des Mannes werden nach meiner Meinung nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt und dürften den Beleidigungstatbestand erfüllen.

Zur Person

Wo endet denn das Recht, seine Meinung frei zu äußern und ab wann macht man sich strafbar?

Wenn die Würde des Menschen angetastet wird, muss die Meinungsfreiheit stets zurücktreten. So sagt es das Bundesverfassungsgericht. Wenn jemand dazu auffordert, konkrete Personen aufzuhängen, habe ich keine Zweifel, dass die Ehre dieser Menschen verletzt wird. Eine bloße Kritik – auch die überspitzte und polemische – reicht hingegen als Ehrverletzung noch nicht aus.

Mit welchem Strafmaß muss der Mann rechnen?

Wenn seine Aktion als öffentliche Aufforderung zu Straftaten geahndet wird, reicht der Strafrahmen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe, der Angeklagte kann auch eine Geldstrafe bekommen. Bei einer Ahndung als Beleidigung drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.

Welche Strafe ist denn Ihrer Meinung nach angemessen?

Ich will mich zu keiner Konkretisierung hinreißen lassen. Es wäre unseriös, hier konkrete Zahlen in den Raum zu werfen. Das Strafmaß hängt nämlich von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von den bisherigen Lebensumständen, von Vorstrafen, vom Verteidigungsverhalten sowie von dem Gesamteindruck vor Gericht. Das Urteil wird immer täterspezifisch ausgesprochen.

Aber auch andere Anhänger haben Merkel und Co. während der Demo harsch kritisiert: "Mutter Terroresia", "Merkel muss weg", "Politikerpack" – machen sie sich damit auch strafbar?

Das ist an sich typisch für  Demonstrationen, meistens sind diese Äußerungen auch auf den „klassischen“ Spruchbändern zu sehen. Diese Aussagen werden wohl von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Eine Ehrverletzung und damit eine mögliche Strafbarkeit wegen Beleidigung sehe ich hier aber noch nicht. Eine konkrete Täterfeststellung dürfte hier schwierig sein.

Bei Twitter und Facebook laden User Fotos hoch, die den Mann mit seinem Galgen und dem Schild zeigen. Müssen sie auch eine Strafe befürchten?

Grundsätzlich ist es kein Problem, bei Versammlungen und Aufzügen Fotos zu machen und diese dann zu veröffentlichen. Auch in diesem Fall dürfte es möglich sein, die Fotos in den sozialen Medien hochzuladen – selbst wenn sie einen Mann mit einem Galgen zeigen, der für Frau Merkel und Herrn Gabriel reserviert sein soll. Wenn die Nutzer aber zu dem Bild mit einer eigenen Aussage andere konkret auffordern, die Politiker zu erhängen, setzen sie sich natürlich der Gefahr der Strafverfolgung aus. Ein bloßes Gutheißen von Straftaten an sich gilt aber noch nicht als Auffordern.

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