TV-Duell in Nordrhein-Westfalen Kraft(los) gegen Lasch(et)

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte im Fernsehduell auf dem entscheidenden Politikfeld vor allem Ausflüchte zu bieten. Doch Armin Laschet ließ sie weitgehend ungeschoren davon kommen.

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Armin Laschet und Hannelore Kraft reichen sich vor der WDR-Fernsehsendung «Ihre Wahl 2017 - Das Duell» in Köln die Hand. Quelle: dpa

Jeder weiß, was das erste und wichtigste Thema des Landtagswahlkampfes in Nordrhein-Westfalen ist: die innere Sicherheit. Deshalb kommen die Chefredakteurinnen des WDR, Sonia Mikich und Gabi Ludwig, beim Fernsehduell zwischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Armin Laschet (CDU) auch zuerst darauf zu sprechen.

Beide Kandidaten sind bei dem Thema bekanntlich keine Enthusiasten. Das ist das Glück von Kraft. Ein CDU-Politiker mit glaubhafter Polizei- und Justizkompetenz könnte sie nun vorführen, denn dass Nordrhein-Westfalen hier im Ländervergleich besonders schwach dasteht, kann niemand bestreiten.

Doch Laschet ist kein solcher Politiker. Auch die Moderatorin zweifelt offenbar an seiner Erfahrung und fragt erstmal, ob er denn die Sorgen der Menschen vor Kriminalität kenne. Worauf Laschet von seinem Schwager als Einbruchsopfer erzählt. Laschets Angriffe sind schwach, die Ausflüchte der Ministerpräsidentin schwächer. Sie versucht es mit allgemeinen Versprechen - „Wir setzen auf mehr Polizei und Richter“ – und als Laschet beklagt, dass in NRW keine „Schleierfahndung“, also Polizeikontrollen ohne konkreten Verdacht möglich seien wie in 13 anderen Bundesländern, weicht sie aus: Das bringe nichts, um Verbrechen vorzubeugen. Was man durchaus bezweifeln kann. Laschet lässt ihr das ebenso durchgehen wie die abstruse Behauptung, man wisse genau, was in Moscheen vor sich gehe.

Krafts absurdeste Ausflucht kam aber noch: Sie habe von den Vorgängen in der Silvesternacht 2015 in Köln wirklich erst nach vier Tagen erfahre: „Wir konnten nicht alle Lokalteile lesen, dafür haben wir gar nicht das Personal“. Auch diese Chance, die Ministerpräsidentin bloßzustellen, etwa durch einen Hinweis auf die großzügige Ausstattung ihrer Pressestelle, ließ Laschet verstreichen.

Selbst seine Kritik an Innenminister Ralf Jäger, der seit Jahren nicht nur wegen der Kölner Silvesternacht, sondern auch wegen des offenkundigen Versagens der Landesbehörden im Fall des Attentäters Anis Amri kritisiert wird, fiel lasch aus: Sein Problem sei, dass er danach immer alles „schönrede“. Und die Vorkommnisse, die er beschönigt, sind keine Probleme?

Ähnlich das Bild, das Kraft und Laschet beim Thema Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) abgeben. Moderatorin Sonia Mikich fragte beide, wo denn da ihre Überzeugung geblieben sei, mit der man doch noch vor wenigen Jahren G8 vertreten habe. Kleinlaut entgegnet Laschet, dass es damals eben der „Mainstream“ so gewollt habe. Außerdem funktioniere ja beides. Als die Ministerpräsidentin es dann noch fertig bringt, ihren Herausforderer zu fragen, was der gegen den Unterrichtsausfall getan hat, sind auch die Moderatorinnen fast sprachlos.

Das Argument stand sinnbildlich für dieses Duell: Da stehen zwei, die nur wissen, dass der andere es auch nicht besser kann.

von Konrad Fischer, Sven Prange, Gregor Peter Schmitz

Mehrfach wird die Diskussion hitzig – aber stets geht es dann um Details etwa der Kinderbildungsförderung oder der Planung von Infrastrukturmaßnahmen, denen nur Fachleute oder unmittelbar Betroffene freiwillig folgen können. In keinem Moment des Gesprächs wird deutlich, was Kraft und Laschet wirklich trennt. Auch als Kraft ihre politische Orientierungslosigkeit schließlich noch auf ökonomischem Terrain mit sentimentalem Sozi-Sprech vernebelt: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“ – kommt von Laschet nicht etwa ein Plädoyer fürs Unternehmertum, wie man es von einem rheinischen CDU-Vorsitzenden erwarten sollte, sondern ein kleinlicher Angriff auf Umweltminister Remmel.

Nach dem Duell wundert man sich weiter, dass ausgerechnet diese beiden Politiker die besten sein sollen, die die beiden größten Parteien nach vorne brachten, um das größte deutsche Bundesland zu regieren. Kraft kann angesichts ihrer schwachen Argumente auf allen angesprochenen Politikfeldern dankbar sein, dass sie einen so schwachen Gegner hat.



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