Umfrage Mehrheit der Deutschen für bedingungsloses Grundeinkommen

Ein staatlich finanziertes, arbeitsunabhängiges Einkommen weit über Hartz-IV-Niveau? Die Mehrheit der Deutschen scheint das gut zu heißen, wie eine Umfrage zeigt.

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Verschiedene Bürgerinitiativen für ein bedingungsloses Grundeinkommen haben das nach Veranstalterangaben längste Plakat der Welt, mit 10 Meter großen Buchstaben und einer Gesamtlänge von 450 Metern, ausgelegt. Quelle: dpa

Die Schweizer haben sich im letzten Jahr in einer Volksabstimmung noch dagegen entschieden, in Finnland wird es gerade an einer begrenzten Zahl von arbeitslosen Testpersonen ausprobiert. Und auch in Deutschland breitet sich die Diskussion um das so genannte bedingungslose Grundeinkommens (BGE) aus: Staatliche Sozialleistungen sollen demnach nicht mehr eine Minimalsicherung für Arbeitslose sein, sondern grundsätzlich jedem Bürger zustehen – unabhängig davon, ob er nach einem festen Arbeitsverhältnis sucht oder nicht und auf einem deutlich höheren Niveau als Hartz-IV-Sätze.

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Etwa 73 Prozent der Deutschen haben bereits von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens gehört, wie eine repräsentative Umfrage des größten deutschen Cashbackportals Shoop.de zeigt. Und von diesen wiederum befürworten 75 Prozent die Idee grundsätzlich. Besonders hoch ist die Zahl der Befürworter bei den 40 bis 49-Jährigen sowie 50 bis 59-Jährigen. Hier sprechen sich jeweils vier von Fünf dafür aus. Und auch in den anderen Altersgruppen liegt die Zustimmung bei über 70 Prozent. Speziell im Osten Deutschlands befürworten sehr viele Menschen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Besonders hoch liegen die Zustimmungswerte dabei in Sachsen-Anhalt (89 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (87 Prozent) und Brandenburg (83 Prozent). Etwas niedriger ist dagegen die Zustimmung in den südlichen Bundesländern Hessen (67 Prozent), Saarland (67 Prozent) und Bayern (68 Prozent).

Zur Frage nach der angemessenen Höhe eines bedingungslosen Grundeinkommens sagt jeder dritte Deutsche (34 Prozent), dass dieses bei mindestens 1.000 Euro pro Monat liegen sollte. Weitere 19 Prozent würden sogar monatlich 1.500 Euro befürworten.

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In der öffentlichen Diskussion argumentieren die Befürworter des Grundeinkommens üblicherweise nicht nur mit dem Wegfall der überbordenden Sozialbürokratie, sondern sind sich auch sicher, dass die übergroße Mehrheit der Bürger sich keineswegs auf die faule Haut legen würde, sondern dennoch arbeiten werde. Für diejenigen, die nicht in einem gut bezahlten Angestelltenverhältnis stehen oder als Unternehmer erfolgreich sind, entfiele dann das demotivierende Stigma des Arbeitslosen. In jedem Falle werde die Gesellschaft ebenso wie die Einzelnen profitieren und die größere finanzielle Sicherheit werde Kreativität und Engagement freisetzen.

Diese angenommenen positiven Effekte, die eine solche Grundversorgung auf die Gesellschaft haben könnte, überzeugen offenbar. So geben jeweils 94 Prozent der Befürworter an, dass jeder Mensch Anspruch auf wirtschaftliche Absicherung hat und dass die soziale Ungleichheit in Deutschland ohne die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens zunehmen würde. Neun von Zehn (90 Prozent) sagen zudem, dass dadurch auch bisher schlecht bezahlte Jobs finanziell aufgewertet würden.

82 Prozent der Befürworter meinen, dass Deutschland sich als reiches Land ein Grundeinkommen durchaus leisten kann. Lediglich acht Prozent begründen ihre Sympathie für das Grundeinkommen damit, dass sie keine Lust haben zu arbeiten. Die Frage, wie man den Personenkreis derer, die Anspruch auf ein bedingungsloses Grundeinkommen des deutschen Staates hätten, angesichts europäischer Freizügigkeit und großen Zuwanderungsdrucks begrenzen solle oder könne, wurde in der Umfrage nicht gestellt.

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