Weltklimakonferenz Der Klimaschutz verdrängt den Naturschutz

Durch die Fixierung auf Klimaschutz und Kohleausstieg vernachlässigen Politiker und Ökologen den konkreten Naturschutz. Weltrettung hat Vorrang.

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Braunkohlekraftwerk hinter Windrädern. Quelle: dpa Picture-Alliance

Nun kamen am Mittwoch endlich auch einige der Großen nach Bonn zur Weltklimakonferenz: Angela Merkel und Emmanuel Macron. In den vergangenen Tagen hatten vor allem Nichtregierungsorganisationen die Berichterstattung dominiert: mit Ranglisten wie dem „Klimaschutzindex“ von Germanwatch und vor allem mit gut fotografierbaren Aktionen gegen den Braunkohletagebau im nicht allzu weit von Bonn entfernten Revier Garzweiler.

Die Aktivisten können sich nach Merkels Rede als Sieger fühlen: Die Bundeskanzlerin machte deutlich, dass sie die Kohle-Verstromung in Deutschland deutlich reduzieren will. Es gehe schließlich um eine "Schicksalsfrage für die Menschheit".

Die alljährlichen Weltklimakonferenzen sind längst nicht nur ein wissenschaftliches und politisches Forum zur Formulierung internationaler Abkommen. Sie sind eine öffentliche Bühne geworden, auf der die Regierenden ihren Willen zum globalen Problemlösen propagieren und die boomende Industrie der NGOs sich selbst vermarkten kann.

Keine Frage: Die Evidenz für den anthropogenen – also durch menschliche Produktion und Konsum verursachten – Klimawandel ist überzeugend. Leider ist die Veränderung des Weltklimas nicht, wie Donald Trump und viele der neuen populistischen Parteien in Europa unterstellen, eine verschwörerische Erfindung.

Dennoch ist die zunehmende Fixierung von Aktivisten und Politikern auf den Kohleausstieg und den Klimaschutz kritisch zu betrachten. Denn Klimaschutz allein ersetzt nicht Naturschutz. Der Erhalt der biologischen Vielfalt, der natürlichen Lebensräume und Landschaften, der Wälder und Wildtiere ist durch die Klima-Fixierung aus dem Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit und dadurch auch der Politik geraten. Dabei spielt der Klimawandel eher eine untergeordnete Rolle für den Verlust von Natur oder das Aussterben von Arten. Auf der Rangliste der Weltnaturschutzunion IUCN für die Verursacher des Artensterbens kommt die Erwärmung erst an siebter Stelle. Viel verheerender wirkt sich die Landnahme durch Ausbreitung von Siedlungs- und Wirtschaftsflächen aus, die industrialisierte Landwirtschaft und der Einsatz von Pestiziden.

Ausgerechnet der Ausbau der so genannten erneuerbaren Energien im Dienste des Klimaschutzes, nicht zuletzt der besonders flächenintensive Ausbau von Wind- und Sonnenkraftanlagen konterkariert die Ziele der nationalen Biodiversitätsstrategie in Deutschland. Denn bei der Energiewende wurde versäumt, Belastungsgrenzen für Arten, Wälder und Landschaften festzulegen. Diese Belastungen betreffen nicht nur Tiere, sondern auch Menschen: Man kann in Deutschland kaum noch einen Waldspaziergang ohne den Anblick riesiger Windräder machen.

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