Emmanuel Macron gehackt? Frankreichs Wahlkommission berät zu mutmaßlichem Hackerangriff

Das Team des Präsidentschaftskandidaten Macron beklagt einen Hackerangriff auf Wahlkampfdokumente. Die Behörden rufen französische Medien auf, keine Inhalte zu veröffentlichen - diese seien vermutlich gefälscht.

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Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron. Quelle: REUTERS

Das Wahlkampfteam des französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron sieht sich als Opfer eines Hackerangriffs. E-Mails und Dokumente mit finanziellen Informationen seien bei einer „massiven und koordinierten“ Attacke vor ein paar Wochen erbeutet und jetzt online gestellt worden, teilten die Kampagnenhelfer am späten Freitagabend in einer Erklärung mit. Die Webseite 4chan postete Links zu einer großen Datensammlung, die den Angaben zufolge von Macrons Mannschaft erbeutet wurden.

Macrons Bewegung En Marche! erklärte, bei dem Hackerangriff hätten Unbekannte private und berufliche E-Mails von Mitarbeitern abgegriffen. Einige der jetzt veröffentlichten Daten enthielten Informationen über Finanzen und Verträge, aber auch Fälschungen. Wer auch immer hinter dem Hackerangriff stehe, habe „Zweifel und Desinformation säen“ wollen. En Marche! erinnerte an den Angriff auf das Wahlkampfteam der US-amerikanischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im vergangenen Jahr.

Die französische Wahlkommission beriet den Fall am Samstagmorgen. Sie rief die französischen Medien auf, keine gehackten Unterlagen zu veröffentlichen - diese seien „höchstwahrscheinlich“ gefälscht. 4chan, wo Links zu den Daten gepostet wurden, war in der Vergangenheit durch Postings mit groben Fälschungen und politischem Extremismus bekannt geworden.

Wirtschaftspolitische Pläne von Emmanuel Macron

Die rechtsextreme Front National von Macrons Gegenkandidatin Marine Le Pen versuchte, mit einem Tweet Kapital aus der Situation zu schlagen. „Werden uns die #Macronleaks etwas zeigen, das der investigative Journalismus absichtlich versteckt hat?“, fragte Parteivize Florian Philippot im Kurznachrichtendienst.

Le Pens Team hatte zudem gemeldet, in mehreren Regionen seien die Stimmzettel für die Kandidatin „systematisch zerrissen“ aufgefunden worden. Die Wahlkommission rief das Innenministerium auf, diesem Vorwurf nachzugehen.

Wie sich die Veröffentlichung der Daten wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale auswirken würde, war nicht abzusehen. Offiziell endete der Wahlkampf um Mitternacht, kurz nachdem die Daten online gestellt wurden. Noch am Samstag waren Wähler in den Übersee-Départements zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Mutterland wird am Sonntag gewählt. Umfragen sahen Macron deutlich in Führung. Entscheidend dürfte das Verhalten der Wähler etablierter Parteien sein, deren Kandidaten in der ersten Runde ausgeschieden waren.

Le Pen sagte in einem Interview, es könne noch eine Überraschung geben. Ihrer Partei sei es gelungen, „die Überholung“ französischer Politik einzuführen. Sie könne im Falle ihrer Wahl das gespaltene Land wieder zusammenbringen. „Ich will vor allem die Demokratie wieder einsetzen. Wir müssen die Verbindungen unter Menschen neu weben“, sagte Le Pen.

Le Pen will Frankreich aus der Europäischen Union führen und den Euro als Währung aufgeben, auch wenn sie diese Haltung in den vergangenen Tagen abgeschwächt hat. Der ehemalige Banker und Wirtschaftsminister Macron setzt sich für Unternehmergeist ein.

Viele Wähler sind mit beiden Kandidaten unzufrieden. Sie sind angesichts der rassistischen und antisemitischen Wurzeln der Front National besorgt. Gleichzeitig fürchten sie, dass Macrons Bewegung den Arbeitnehmerschutz einschränken könnte oder dass er zu sehr seinem Mentor ähnelt, dem scheidenden Präsidenten François Hollande, der bei den Wählern sehr unbeliebt ist.

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