Für Asylbewerber sollen nach dem Willen der EU-Kommission in Europa künftig härtere Auflagen gelten. Wer nicht mit den Behörden des Aufnahmestaates zusammenarbeitet, müsste mit einer Ablehnung rechnen. Ziel sei ein System, „das sich großzügig zeigt gegenüber den Verletzlichsten, aber streng gegenüber jenen, die es missbrauchen wollen“, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel. Die Vorschläge benötigen die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.
Die Anträge von Schutzsuchenden, die falsche Angaben machen, sollen in einem beschleunigten Verfahren behandelt werden. Bei Personen, die bleiben dürfen, soll regelmäßig überprüft werden, ob sich die Situation in ihrem Herkunftsland verbessert hat und sie dorthin zurückkehren können. Wer unerlaubt von einem EU-Land ins andere wechselt, müsste länger als die eigentlich vorgesehenen fünf Jahre auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung warten.
Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel kritisierte die Pläne als unnötig harsch. Den Wechsel von einem EU-Land ins andere zu bestrafen, helfe nicht. „Wir riskieren, Schutzbedürftige ihrer Grundrechte zu berauben“, so Sippel. Die Grünen-Parlamentarierin Ska Keller meinte: „Abschreckung und Sanktionen sollen zur Leitlinie des gemeinsamen europäischen Asylsystems werden.“
Insgesamt will die EU-Kommission die Regeln in Europa stärker angleichen. Derzeit etabliere die EU lediglich Mindeststandards für den Umgang mit Schutzsuchenden, was starke Abweichungen von Land zu Land schaffe. „Das führt nicht nur zu einer ungleichen Behandlung von Asylsuchenden, sondern verschafft ihnen auch Anreize, irregulär von einem Mitgliedsstaat in den anderen zu wechseln“, erklärte Avramopoulos.
Er plädierte zudem für eine Straffung der Verfahren und dafür, dass Migranten unkompliziert abgeschoben werden können, wenn sie aus einem Land kommen, dass auf einer europäischen Liste sicherer Herkunftsstaaten steht. Die EU erarbeitet derzeit solch eine Liste.
Asylanträge nach Bundesländern 2017
Nirgendwo sonst wurden so vielen Asylanträge gestellt wie in Nordrhein-Westfalen. In der ersten Jahreshälfte 2017 waren es bisher 32.122 Menschen.
Hinweis: Alle Daten beziehen sich auf Erst- und Folgeanträge in den Monaten Januar bis Juni 2017.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Statista
Stand: August 2017
12.921 Menschen haben in der ersten Hälfte des Jahres 2017 in Bayern einen Asylantrag gestellt.
In Baden-Württemberg wurden 2017 bisher 11.290 Asylanträge gestellt.
In Niedersachsen stellten 10.003 Menschen im Januar bis Juni 2017 einen Antrag auf Asyl.
In Rheinland-Pfalz beantragten 2017 bislang 7.610 Menschen Asyl.
In Hessen stellten in den ersten sechs Monaten 2017 7.508 Bewerber einen Asylantrag.
In Berlin wurden von Januar bis Juni 2017 5.535 Anträge auf Asyl gestellt.
Bis Mitte 2017 stellten 4.205 Menschen einen Asylantrag in Sachsen.
3.346 Asylanträge verzeichnet Schleswig-Holstein für die ersten sechs Monate 2017.
Einen Asylantrag in Sachsen-Anhalt stellten bis Juni 2017 3.304 Menschen.
Asyl in Brandenburg beantragten in der ersten Jahreshälfte 3.162 Menschen.
In Thüringen wurden in den Monaten Januar bis Juni 2017 3.049 Asylanträge gestellt.
In Hamburg stellten bis Ende Juni 2017 2.633 Menschen einen Antrag auf Asyl.
In Mecklenburg-Vorpommern stellten 2.104 Menschen einen Asylantrag (Januar bis juni 2017).
Bis Juni 2017 stellten im Saarland 1.538 Menschen einen Asylantrag.
In Bremen beantragten bis Ende Juni 1.192 Menschen Asyl.
Bei 94 Asylanträgen bis Mitte 2017 ist das Bundesland, in dem der Antrag gestellt wurde, anscheinend unbekannt.
An einigen Stellen will die EU-Kommission die Rechte Schutzsuchender auch stärken. Sie sollen etwa einen Anspruch auf kostenlosen rechtlichen Beistand bekommen. Wer sich um Asyl beworben hat, soll in der Regel spätestens binnen sechs Monaten eine Arbeitserlaubnis bekommen. Avramopoulos will zudem, dass die EU-Staaten sich künftig jedes Jahr absprechen, wie viele Flüchtlinge von außerhalb Europas sie freiwillig aufnehmen können. Gefährliche und illegale Fluchtrouten müssten ersetzt werden durch „sichere und legale Wege nach Europa für Menschen, die wirklich Schutz benötigen“, erklärte der EU-Kommissar.
Avramopoulos lobte erneut den Flüchtlingspakt mit der Türkei. Seit die Zusammenarbeit im Frühjahr vereinbart wurde, sind deutlich weniger Migranten aus der Türkei nach Europa gekommen. Die Vereinbarung sieht vor, dass die meisten Migranten von den griechischen Inseln zurückgeschickt werden. Im Gegenzug nimmt die EU der Türkei syrische Flüchtlinge ab. Auf diesem Weg wurden bisher 802 Syrer in der EU angesiedelt.