Macron und Fillon wollen beide eines der Vorzeige-Projekte der Sozialisten abschaffen: die 2000 eingeführte 35-Stunden-Woche. Damals sollte die allgemeine Arbeitszeitverkürzung zu mehr Arbeitsplätzen führen. Das ist nicht gelungen, viel mehr hat die Wettbewerbsfähigkeit französischer Unternehmen im internationalen Vergleich abgenommen, die Arbeitslosigkeit hingegen nahm zu und liegt seit August 2016 nur knapp unter zehn Prozent. Im europäischen Vergleich liegt Frankreich als zweitgrößte Volkswirtschaft (nach Deutschland) nur auf Platz sechs – und über dem europäischen Durchschnitt.
Frankreichs Präsident - das mächtigste Staatsoberhaupt
Von allen Staatsoberhäuptern der Europäischen Union hat der französische Präsident die größten Vollmachten. Seine starke Stellung verdankt er der Verfassung der 1958 gegründeten Fünften Republik, ihr erster Präsident war General Charles de Gaulle.
Der Staatschef wird seit 1965 direkt vom Volk gewählt und kann beliebig oft wiedergewählt werden. Seit 2002 beträgt seine Amtszeit noch fünf statt sieben Jahre.
Der Präsident verkündet die Gesetze, kann den Premierminister entlassen und die Nationalversammlung auflösen. In Krisenzeiten kann er den Notstandsartikel 16 anwenden, der ihm nahezu uneingeschränkte Vollmachten gibt.
Der Staatschef ist gegenüber dem Parlament nicht verantwortlich. Durch eine 2007 beschlossene Verfassungsänderung sind Staatschefs im Amt vor Strafverfolgung ausdrücklich geschützt. Das Parlament kann den Präsidenten nur bei schweren Verfehlungen mit Zweidrittelmehrheit absetzen.
Frankreichs Staatschef ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat in der Verteidigungs- und Außenpolitik das Sagen. Seine stärksten Druckmittel sind der rote Knopf zum Einsatz von Atomwaffen und das Vetorecht im UN-Sicherheitsrat.
Der Präsident ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die übrigen Minister, leitet die wöchentlichen Kabinettssitzungen und nimmt Ernennungen für die wichtigsten Staatsämter vor.
Seine Macht wird jedoch eingeschränkt, wenn der Regierungschef aus einem anderen politischen Lager kommt und der Präsident keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung hat. Dieser Fall der „Kohabitation“ war bei der Verabschiedung der Verfassung nicht vorgesehen. Er trat aber bereits drei Mal ein, zuletzt 1997 bis 2002, als der konservative Staatschef Jacques Chirac mit dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin auskommen musste.
Während Macron und Fillon die Franzosen mehr arbeiten sehen wollen, will der Linke-Kandidat Mélenchon das Gegenteil: eine 32-Stunden-Woche. Außerdem soll der Netto-Mindestlohn auf 1326 Euro steigen. Derzeit liegt er bei 1300 Euro brutto. Marine Le Pen hat sich explizit für die 35-Stunden-Woche ausgesprochen.
Mit der Kriminalitätsbekämpfung wollen sich sowohl Macron als auch Le Pen profilieren: Macron will 10.000 zusätzliche Polizisten einstellen und 15.000 neue Gefängnisplätze schaffen, während Marine Le Pen sogar noch höher pokert: Sie fordert 15.000 neue Stellen für Polizisten und 40.000 weitere Plätze in den Gefängnissen. Diese platzen ohnehin aus allen Nähten.
Kurz vor den Wahlen wurden dei Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verstärkt, Francois Fillon soll besonders gefährdet sein. Die Präsidentenwahl am Sonntag wird von 50.000 Polizisten und Soldaten geschützt. Erst am Dienstag wurden in Marseille zwei mutmaßliche Islamisten festgenommen, in deren Wohnung ein Waffenarsenal versteckt war. Laut Anti-Terrorstaatsanwalt François Molins drohte ein Anschlag in den nächsten Tagen.
Drei Tage vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl kämpfen die Favoriten Marine Le Pen und Emmanuel Macron mit sinkenden Umfragewerten. Trotzdem sieht es noch danach aus, als ob es diese beiden Kandidaten in die Stichwahl schaffen würden. Beide kämen laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Instituts Opinionway derzeit auf je rund 22 Prozent der Stimmen. Francois Fillon liegt trotz der Affäre um die Scheinbeschäftigung noch immer in Schlagweite, ebenso wie Jean-Luc Mélenchon, der durch die zwei Fernsehduelle und eine klare Social Media Strategie, in den vergangenen Wochen deutlich aufholen konnte.