Görlachs Gedanken Warum mehr Geld fürs Militär notwendig ist

Donald Trump fordert, dass die europäischen Nato-Partner mehr Geld für ihr Militär ausgeben. Das ist nur gerecht – und würde den Europäern helfen.

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Der öffentliche Druck in Deutschland ist traditionell hoch, wenn es ums Militär, dessen Ausgaben und um Einsätze geht. Quelle: dpa

An einer Wertegemeinschaft zwischen den europäischen und US-amerikanischen Nato-Partnern ist viel dran. Doch es gibt einen Punkt, der die Partner unterscheidet: die Zustimmung oder Ablehnung der Anwendung militärischer Gewalt. In Erhebungen liegt hier die Zustimmung in den USA sehr hoch während es in europäischen Ländern teils gravierende Unterschiede gibt. England und Frankreich befürworten die Gewalt, Deutschland lehnt sie ab. Die Weltkriege und der Holocaust haben die Germanen zu bedächtigen Menschen gemacht, wenn es um Militäreinsätze geht. Das ist gut. 

Schlecht ist, dass damit zumindest in den Augen der Amerikaner teilweise ideologisch umgegangen wird – und notwendige militärische Ausgaben nicht getätigt werden. Der öffentliche Druck in Deutschland ist traditionell sehr hoch, wenn es ums Militär, dessen Ausgaben und um Einsätze geht. Ein Verteidigungsbündnis kann aber nur dann bestehen, wenn seine Mitglieder wirkliche Partner sind. Schon vor Donald Trump haben andere US-Präsidenten darauf hingewiesen, dass Nato-Partner diesem Kriterium nicht gerecht werden, wenn sie nicht ausreichend in ihr Militär investieren.

In der Konsequenz sind die Europäer ohne den zusätzlichen militärischen Schutz der Vereinigten Staaten von Amerika nicht einsatzfähig. Der internationale Waffengang in Libyen im Jahr 2011 zugunsten der Rebellen, die den Machthaber al-Gaddafi gestützt hatten, hat dieses Problem überdeutlich gezeigt. Das militärische Eingreifen Frankreichs blieb bruchstückhaft, weil nicht genügend Bomben vorhanden waren, um den Einsatz zum gewünschten Ziel zu führen. Es waren schlussendlich die Amerikaner, an denen es hängen blieb. 

Alexander Görlach ist Affiliate der Harvard University. Quelle: Lars Mensel / The European

Das gleiche gilt für den Syrien-Krieg: die Obama-Administration, die sich nach zwei Kriegen unter der Vorgänger-Regierung von George W. Bush ohnehin aus solchen Operationen zurückziehen wollte, hatte sich von den Europäern mehr erwartet. Diese sind aber ohne die  USA nicht in der Lage, militärische Einsätze dieser Größenordnung aufzusetzen und durchzuführen.

Europa mag die soft power haben, um in Konflikten wie in Syrien oder auf der Krim diplomatisch zu vermitteln und auf diese Weise zu intervenieren. Doch das bessere Argument besitzt leider nicht immer auch die Macht, um es durchzusetzen. Die alte Ordnung, wonach in Europa gedacht und in den USA gehandelt wurde, geht nicht mehr auf. Die europäischen Nato-Partner müssen, siebzig Jahre nach Kriegsende, mehr Eigenständigkeit in militärischen Angelegenheiten entwickeln.

Die Grenzen im Mittelmeer etwa müssen die Europäer schon selbst schützen. Auch das hat in der Vergangenheit mal besser und mal schlechter geklappt. Das Ziel eines gemeinsamen europäischen Heeres macht deswegen in vielerlei Hinsicht Sinn. Die EU würde so nicht nur für alle Zeiten Kriege zwischen seinen Mitgliedern verhindern, sondern auch seine Mittel effizienter einsetzen.

Donald Trump lag zwar falsch als er seine Rechnung bezüglich der Nato-Mitgliedsbeiträge aufmachte. Die Selbstverpflichtung der Nato-Staaten, zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Militär aufzuwenden, ist eine Investition in die eigene Armee und keine Zahl auf einem Überweisungsträger nach Washington. Die Europäer haben aber gemeinsame Sicherheitsinteressen, die von denen der USA abweichen, weil die USA eben nicht in Europa liegen.

Mit einer ins Totalitäre wankenden Türkei, die nicht für immer selbst Nato-Mitglied bleiben muss, einem despotischen Russland im Osten und einer Reihe weiterer failed states in Nordafrika können die europäischen Nato-Partner deswegen nicht darauf hoffen, mit immer kleineren Wehretats ihre stets steigenden nationalen Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen wundersam befriedigen zu können.

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