Katalonien Unternehmen planen ihre Flucht

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"Es geht ein Riss durch die Gesellschaft"

Der Boykott katalanischer Produkte ist fast schon eine spanische Tradition, die immer wieder einsetzt, wenn die katalanische Regierung sich mit dem Rest Spaniens anlegt. Für die Unternehmerin Cristina Sorli eine sehr traurige Entwicklung. Sorli ist eine Katalanin, die sich ihr gleichnamiges Kosmetiker-Imperium in Barcelona selbst aufgebaut hat.

Die Unternehmerin Christina Sorli. Quelle: Presse

Heute muss die betagte Dame eingestehen: „Der Alltag ist kompliziert geworden für uns, die wir keine Separatisten sind. Es geht ein Riss durch die Gesellschaft, der auch uns Unternehmer trifft. Egal, was jetzt entschieden wird, die Wunden werden lange nicht heilen.“ Bisher seien die Katalanen, die keine Unabhängigkeit wollten, ruhig geblieben, weil das auch eine ihrer Tugenden sei: „Unser Charakter zeichnet sich aus durch "seny", das bedeutet Zurückhaltung oder Reserve.“

Die von dem Chef von Naturhouse mit organisierte Demo am Sonntag für die spanische Einheit hat ein Ende gemacht mit “seny”, mit der Zurückhaltung. Die Katalanen haben die Straßen Barcelonas mit Spanien-Flaggen überschwemmt und alle Welt wissen lassen: “Die Mehrheit der Katalanen liebt Spanien und will nur eins: in Frieden zusammenleben.” Die Unternehmerin Sorli, die auch am Sonntag auf die Straße gegangen ist, um ihre Stellung zur Einheit klar zu machen, glaubt, dass die wirtschaftliche Vernunft gestern gewonnen hat: “Wir wollen unsere katalanische Identität leben, unsere Sprache sprechen, aber wir brauchen auch den Schutz Spaniens.”

So denkt auch Miguel Vidal. Er arbeitet und lebt mit seiner Familie in Barcelona, ist dort aufgewachsen: „Ich habe die schlimmsten Monate meines Lebens hinter mir. Ich habe viele Freundschaften verloren und sehr oft darüber nachgedacht, wegzugehen.“ Aber der Physiker und IT-Experte arbeitet für ein multinationales Unternehmen, das seinen Sitz noch nicht verlegt hat. Auch seine 80-jährige Mutter hält noch die Stellung in Barcelona. Sein Bruder wohnt dagegen schon seit langer Zeit in Berlin: „Es werden Familien wegen diesem sozialen Konflikt auseinandergerissen und das lähmt auch die gesamte katalanische Wirtschaft. Die Verschuldung Kataloniens ist in den vergangenen Jahren dramatisch angestiegen.“ 

Deswegen fordert Peters vom KdF auch in Namen der deutschen Unternehmer vor Ort, dass jetzt der Konflikt in die richtigen Bahnen gelenkt werden muss: „Die spanische Regierung sollte das Dialogangebot von Puigdemont nicht ausschlagen. Das ist, was wir jetzt brauchen: Dialog.“

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