Muss das Parlament zustimmen? Höchstes britisches Gericht verkündet Urteil im Brexit-Prozess

Muss das Parlament zustimmen, bevor die Regierung den Austritt Großbritanniens aus der EU bekannt gibt? Welche Rolle spielen Schottland, Wales und Nordirland? Die Antworten des Gerichts könnten die Brexit-Pläne der Premierministerin Theresa May beeinflussen..

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Der Supreme Court verkündet am Dienstag, ob das Parlament dem Brexit zustimmen muss. Quelle: dpa

Heikler Verfassungsstreit: Das höchste britische Gericht wird an diesem Dienstag verkünden, ob die Regierung den Brexit ohne Einschaltung des Parlaments in Gang setzen darf. Das Urteil des Supreme Courts in London dürfte vor allem Einfluss auf den Zeitplan der Trennung von der Europäischen Union haben.

Die entscheidende Frage lautet: Benötigt die Regierung die Zustimmung der Parlamentarier, bevor sie die Erklärung zum Austritt aus der Europäischen Union in Brüssel einreicht? Auch die Regionalparlamente von Schottland, Wales und Nordirland fordern ein Mitspracherecht.

Ein Urteil des High Courts hatte dem Parlament zuvor das letzte Wort über die Austrittserklärung zugesprochen. Premierministerin Theresa May hatte dagegen Berufung eingelegt. Britische Medien gehen davon aus, dass das erste Urteil bestätigt wird.

Was der Abschied der Briten bedeutet

Die Regierung befürchtet in dem Fall zweierlei: Zum einen könnte der Brexit möglicherweise inhaltlich etwas aufgeweicht werden, da das Parlament mehrheitlich als EU-freundlich gilt. Zum anderen könnte der Zeitplan durcheinandergeraten. Für diesen Fall hat die Regierung den Berichten zufolge einen sehr kurzen Gesetzestext vorbereitet, der schnell durch das Parlament gebracht werden soll.

Es ist aber auch möglich, dass das Gericht dem Parlament kein Mitspracherecht gewährt oder den Fall an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg weiterleitet. Letzteres gilt aber als unwahrscheinlich.

May hatte angekündigt, die Austrittserklärung bis zum 31. März nach Brüssel zu schicken. Erst dann können die Verhandlungen mit der EU beginnen. May wollte das Parlament vorher nicht befragen. Das Votum des Volkes beim Referendum im Juni 2016 reiche aus, argumentiert sie. Damals hatte sich eine knappe Mehrheit für den Austritt entschieden.

Es gibt Anzeichen, dass May im Parlament keine Niederlage zu befürchten hat. Die Mehrheit der Abgeordneten hatte sich in einer nicht bindenden Abstimmung bereits dafür ausgesprochen, den Beginn der Austrittsverhandlungen nicht zu verzögern.

Experten glauben aber, dass das Gericht es May nicht einfach machen wird. Die Richter könnten gewisse Vorgaben machen, um zu verhindern, dass die Regierung sich einen Blanko-Scheck ausstellen lässt, meint Jo Murkens von der London School of Economics and Political Science. „Es gibt immer noch viele verfassungsrechtliche Hindernisse zu überwinden“, bevor die Scheidung eingereicht werden könne. „Ich denke das Gericht wird diese Hindernisse ansprechen“, sagte der Verfassungsexperte der Deutschen Presse-Agentur.

Mit Spannung wird erwartet, ob die elf Richter des Supreme Courts auch den Regionalparlamenten in Wales, Schottland und Nordirland Einfluss zugesteht. Das wäre wohl die größte Gefahr für Mays Zeitplan. Die Regierung in Edinburgh will so eng wie möglich mit der EU verbunden bleiben. Nach Ansicht des walisischen Regierungschefs Carwyn Jones war das Vereinigte Königreich noch nie so uneins. Nordirland steckt in einer Regierungskrise. Die republikanische Partei Sinn Fein nannte den Brexit eine „feindliche Aktion“. 56 Prozent der Nordiren hatten für den Verbleib in der EU gestimmt.

Welche deutschen Branchen der Brexit treffen könnte

Erst vor einer Woche hatte May einen harten Brexit angekündigt. Sie will ihr Land auch aus dem europäischen Binnenmarkt führen. Als erste ausländische Regierungschefin wird sie am Freitag von US-Präsident Donald Trump empfangen. Die Politiker wollen über ein mögliches bilaterales Handelsabkommen sprechen, das schnell zustande kommen soll. Nach einem Bericht der Londoner „Times“ gibt es Hindernisse: Formelle Gespräche darüber seien nach den EU-Regeln nicht vor Vollzug des Brexits möglich. Zudem müsse der US-Kongress ein halbes Jahr vor einem geplanten Handelsabkommen vom Weißen Haus informiert werden.

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