Nach der Bundestagswahl wartet auf die neue Bundesregierung ein Berg an offenen europapolitischen Fragen. Ein möglicher Stolperstein auf dem Weg zu ehrgeizigen Reformen ist der EU-Haushalt: Mit Großbritannien verlässt 2019 einer der größten Beitragszahler die Europäische Union. Muss die EU sparen, Geld umverteilen, oder müssen die Mitgliedsstaaten mehr bezahlen?
Zur Serie
In einer vierteiligen Serie von Gastbeiträgen stellen wir an jedem Samstag bis zu den Bundestagswahlen zentrale europapolitische Probleme vor, die auf die künftige Bundesregierung zukommen werden. Sie basieren auf Veröffentlichungen der Publikationsreihe „Europa Briefing“, welche gemeinsam von der Bertelsmann Stiftung und dem Jacques Delors Institut – Berlin herausgegeben wird.
Diese und weitere Veröffentlichungen der Reihe sowie Informationen zum Kooperationsprojekt finden sie unter www.strengthentheeuro.eu.
Die Positionen der deutschen Parteien dazu gehen auseinander. In der CDU gibt es Forderungen nach einem kleineren Haushalt, während die SPD auf die gewachsenen Aufgaben der EU verweist und stattdessen die Finanzierung reformieren will. Die möglichen kleinen Koalitionspartner unterscheiden sich noch stärker. Die Grünen fordern, dass Deutschland durch die einseitige Aufstockung seiner Beiträge ein Signal setzt, während die FDP sämtliche EU-Ausgaben überprüfen will.
Doch wofür gibt die EU aktuell Geld aus? Wer trägt zu ihrer Finanzierung bei? Und welche Vorschläge gibt es, um den Haushalt transparenter und effektiver zu gestalten?
Was kostet die Europäische Union?
Der Haushalt der EU umfasst knapp 150 Milliarden Euro jährlich, circa ein Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung. Ob diese Summe groß genug ist, hängt davon ab, was der Haushalt leisten soll. Sie entspricht in etwa dem Budget des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das knapp 140 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung hat.
Die EU finanziert sich größtenteils aus Beiträgen der Mitgliedstaaten. Obwohl ursprünglich Zölle als Haupteinnahmequelle vorgesehen waren, machen diese heute nur noch ungefähr ein Achtel der Einkünfte aus. Generell hängt die Beitragshöhe von der Wirtschaftskraft eines Landes ab. Doch über die Jahre haben sich mehrere Ausnahmen für Mitgliedsstaaten etabliert, die ihre regulären Zahlungen für eine übermäßige Belastung hielten, beispielsweise Deutschland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich.
Wie viel Geld der EU zur Verfügung steht, legen die EU-Mitglieder im sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen fest. Der aktuelle Rahmen läuft bis Ende 2020. Lange Zeit wurden regelmäßig größere Summen bereitgestellt, um den wachsenden Aufgabengebieten der EU Rechnung zu tragen. Im aktuellen Finanzrahmen, der noch bis 2020 läuft, sind dagegen preisbereinigt nur sehr geringe Zuwächse vorgesehen.
Es ist umstritten, wie das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen der EU-Mitgliedschaft berechnet werden sollte. Es lässt sich argumentieren, dass der Hauptnutzen der EU nicht aus ihren Ausgaben, sondern aus ihrer Politik entsteht. Doch der Wert des europäischen Binnenmarkts, einer koordinierten Wirtschaftspolitik oder einer wirkungsvollen Außenpolitik lässt sich schwer auf die einzelnen Staaten und Bürger umrechnen. Daher konzentriert sich die Haushaltsdebatte oft auf den Nettosaldo. Diese Aufrechnung ist insofern problematisch, als dadurch zwangsläufig manche EU-Mitglieder als Gewinner und andere als Verlierer dargestellt werden.