Zocken mit Macron und Le Pen Wie auf die Frankreich-Wahl gewettet wird

Die Frankreich-Wahl scheint ausgemacht: Die Umfrageinstitute sehen Emmanuel Macron deutlich vor Marine Le Pen. Wer in den Wettbüros jetzt trotzdem auf die Front-National-Politikerin setzt, könnte viel gewinnen.

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Buchmacher sagten Wahlergebnisse in der Vergangenheit meist präziser voraus als die großen Umfrageinstitute des Landes. Werden sie auch die Ergebnisse der anstehenden Stichwahl in Frankreich prognostizieren? Quelle: REUTERS

Bei allen großen Entscheidungen der vergangenen Monate brummte das Geschäft der Wettbüros. Beispiel Brexit: Die Abstimmung über den EU-Austritt kann in mehrerlei Hinsicht als eine der größten politischen Wetten aller Zeiten gesehen werden. Schätzungen gehen davon aus, dass allein britische Bieter 80 Millionen Pfund auf „Remain“ oder „Leave“ in Wettbüros gesetzt haben. Insgesamt setzt die gesamte Branche im Großbritannien neun Milliarden Euro pro Jahr um.

Interessant: Beim Brexit lagen die Buchmacher daneben. Sie tippten damals mit einer Wahrscheinlich von 55 bis 62 Prozent auf einen Verbleib in der Europäischen Union. Nach dem die Wahlurnen schlossen, schoss dieser Wert sogar noch 80 bis 90 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei der Präsidentschaftswahl in den USA: Damals setzen die Buchmacher klar auf einen Sieg von Demokratin Hillary Clinton. Für die wagemutigeren Spieler war das ein Glücksfall. Wer zuvor auf EU-Austritt oder Außenseiter Donald Trump gesetzt hatte, konnte dank guter Quoten eine Menge Geld machen. 

Die Fehleinschätzungen der Wettbüros überraschten. Zuvor waren ihre Wetten stets ein guter Indikator für die Stimmung gewesen. Sie sagten Ergebnisse meist präziser voraus als die großen Umfrageinstitute. So etwa bei der Frage, ob David Cameron 2015 die Parlamentswahl gewinnen werden. Ja, sagten die Buchmacher. Nein, hingen die Demoskopen. Am Ende setzte sich der Premier mit absoluter Mehrheit durch.

Während bei einer Umfrage abgefragt wird, was der Wähler in einem Moment denkt, zielen Wetten auf die Zukunft ab - und bieten einen zusätzlichen finanziellen Anreiz. Dass alles anders kam, war wahrscheinlich einfach Pech - und muss als Ausnahme gesehen werden. Dem Umsatz der Wettanbieter hat es kaum geschadet: Alleine Ladbrokes der größte britische Wettanbieter und größte Buchmacher weltweit machte mit der Abstimmung über den Brexit einen Umsatz von 100 Millionen Pfund.

Ein ähnliches Bild zeigte sich allerdings auch bei der Präsidentschaftswahl in den USA: Damals setzen die Buchmacher klar auf einen Sieg von Demokratin Hillary Clinton - und lagen wieder daneben, zumindest fast. Diese Fehleinschätzung ist dem Wahlrecht in den USA geschuldet. Denn in absoluten Zahlen hätte Clinton die Nase vorn gehabt. Die Buchmacher hingegen kostete der Sieg von Donald Trump Millionen: Alleine in den Großbritannien sollen es 20 Millionen Pfund gewesen sein.

"Macron ist klarer Favorit"

Bei der am Sonntag in Frankreich anstehenden Stichwahl zwischen Front National-Kandidatin Marine Le Pen und dem Sozialliberalen Emmanuel Macron ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass die Wettbüros wieder daneben liegen – zu klar sind die Tendenzen, die – wie auch die Prognosen der Umfrageinstitute - auf einen deutlichen Sieg von Macron hindeuten.

"Macron ist bei uns nach wie vor klarer Favorit," sagt Claus Retschitzegger, Konzernsprecher vom Online-Wettanbieter "Bet at Home". In der Zeit zwischen ersten Durchgang und der Stichwahl am Sonntag seinen keine Verschiebungen erkennbar gewesen. "Die Quoten bewegten sich immer im Bereich zwischen 1,10 und 1,15 auf Macron und zwischen 5,00 und 6,00 auf Le Pen."

Ein ähnliches Bild bei BWin, Europas größten Online-Buchmacher: Da bekommen Spieler, die fünf Euro auf einen Macron-Sieg setzen, lediglich 5,50 Euro raus. Bei einer optimistischen Wette auf einen Sieg von Le Pen gib es stolze 32,50 Euro. 

Bei Ladbrokes, dem größtem Wettanbieter in Großbritannien, macht man derzeit nicht viel Gewinn, wenn man auf einen Sieg von Emmanuel Macron setzt. Ein Einsatz von fünf Pfund ein wird mit ungefähr der gleichen Summe als Gewinn zu Buche schlagen. 

Ganz anders bei einem sehr unwahrscheinlichen Sieg von Le Pen: Bei gleichem Einsatz könnte der Gewinn 32 Pfund betragen. Größere Gewinne springen dann raus, wenn man einen Schritt weiter geht, und wettet, wie hoch der prozentuale Stimmenanteil von Macron ausfallen könnte – sowohl bei unter 40 Prozent als auch bei über 70 Prozent dürfte zumindest etwas Geld fließen. Auch beim Konkurrenten William Hill wettet kaum ein Glücksspieler auf Le Pen. 

Für den Wettanbieter scheint sich das Geschäft derweil zu lohnen. In einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung von William Hill heißt es: „Wir haben nicht gedacht, dass die Wahl um die französische Präsidentschaft auf ein so großes Interesse stößt.“



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