OPEC Warum das Öl-Kartell an Bedeutung verliert

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Das Ölkartell als Konsumentenfreund?

Dass nach Libyen und Nigeria nun das Opec-Mitglied Venezuela im Chaos versinke, verschärfe den Druck auf das Bündnis weiter, sagt Pögl. „Venezuela war bisher eine treibende Kraft der Förderkürzungen. Zudem ist das Land ein wichtiges Bindeglied zum Opec-Partner Russland.“

Was der Zusammenschluss jetzt noch machen könne, ist für Pögl klar: weitere Förderkürzungen. Dass der Ölpreis damit nach oben gehe, glaubt der Experte aber nicht. „Bis Ende 2018 sehen wir den Ölpreis zwischen 45 und 55 Dollar pro Barrel. Und daran dürfte sich auch langfristig bis 2020 nicht viel ändern.“

Dass die Opec im Ölmarkt noch viel zu sagen hat, bezweifelt auch der Ökonom eines international tätigen Ölunternehmens, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte: „Die Opec wird ihr Marktziel nicht erreichen“, sagt er. „Die Frage ist, ob sie nun Nerven bewahrt und abwartet oder die Förderungen weiter kürzt. Doch selbst dann ist ja keineswegs ausgemacht, ob sie den Preis erhöhen kann.“

Das Ansehen der Opec sieht der Experte jedenfalls ramponiert: „Dass Libyen und Nigeria von den Förderquoten ausgenommen sind, hat die gesamte Compliance der Opec ruiniert.“ Mit der Konkurrenz aus Amerika wisse das Bündnis jedenfalls noch nicht umzugehen.

Störfaktor Russland

Und das kommentiert der Ökonom nicht ohne Schadenfreude, denn sein Urteil lautet: „Eigentlich ist die Opec selbst schuld am Fracking-Boom. Durch einen niedrigen Ölpreis versuchte sie, die Förderung von Schieferöl in den USA zu torpedieren, die erst ab einem hohen Ölpreis als rentabel galt. Doch bewirkt hat sie das Gegenteil: Die Technik wurde besser, und Fracking wurde auch bei einem sehr niedrigen Ölpreis mit einem Schlag konkurrenzfähig.“

Auch der Londoner Professor Andreas Goldthau hält den überragenden Einfluss des Bündnisses für beendet. Selbst die neue Partnerschaft mit Russland werde die Opec nicht neu beleben, im Gegenteil: „Diese Allianz wird nicht ewig halten. Denn die Anreize der schwachen Volkswirtschaft Russland, mehr Öl zu fördern, sind einfach zu groß.“

Die Opec werde sich eine andere Aufgabe suchen müssen, glaubt Goldthau. Den Markt könne sie jedenfalls nicht mehr steuern. Vielleicht könne sie sich zu einer Plattform wandeln, die Ländern helfe, vom Öl wegzukommen. Was für ein Wandel.

Die chinesischen Studenten haben den Rundgang durch das Opec-Gebäude beendet. Eilig strömen sie zum Ausgang, um endlich Aufregenderes von Wien zu sehen.

Fracking

Al-Saigh bleibt hinter ihnen im Empfangsraum zurück und kommt noch einmal auf die Relevanz der Opec zu sprechen. „Bei niedrigen Ölpreisen werden keine Investitionen getätigt, und wenn das Angebot knapp wird, schießen die Preise automatisch nach oben“, doziert er. Und um solche Preisschübe zu verhindern, brauche die Welt eben die Opec als stabilisierende Macht, versichert er sich selbst.

Das Ölkartell also als Konsumentenfreund? Könnte so eine Neuerfindung gelingen?

Fragt man Al-Saigh, wie lange es die Opec noch geben wird, antwortet er: „Wenn Sie mich persönlich fragen, sicher noch 30 Jahre.“

Wird die Opec auch 2060 ihr 100-jähriges Bestehen feiern können? Darauf will Al-Saigh, sonst so eloquent, nicht antworten.

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