E-Mail-Flut Mit der Zahl der Mails steigt der Stresspegel

Die E-Mail war und ist eine großartige Erfindung – nur im Arbeitsalltag stört sie. Wie können wir die Nachrichtenflut beherrschen – und gibt es einen Knigge für die Korrespondenz per Computer?

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So geht die perfekte E-Mail
Notwendigkeit prüfenDas sollte immer die erste Frage sein, bevor Sie lostippen. Unwichtige Mails kann man unbeantwortet ignorieren. Und manchmal ist eine Angelegenheit viel schneller erledigt, indem man den Kollegen zwei Büros weiter kurz persönlich anspricht oder zum Telefonhörer greift. Quelle: dpa
Posteingang Quelle: Fotolia
Layout beachtenSchwarze Schrift auf weißem Hintergrund ist am besten leserlich. Außerdem machen Sie es dem Leser mit einer verschnörkelten Schriftart unnötig schwer. Versuchen Sie außerdem, Ihre E-Mail in Blöcke zu strukturieren. So kann Ihr Anliegen wesentlich besser herausgestellt werden. Abkürzungen und Verklausulierungen sind eine Zumutung, wenn der Leser nicht auf Anhieb versteht, worum es eigentlich geht. Quelle: Fotolia
Einstellung der PrioritätWenig glaubwürdig ist auf Dauer, wenn Sie Ihre Mails immer mit einer hohen Priorität versehen. Dies sollten Sie wirklich nur machen, wenn Ihre Nachricht sehr wichtig ist und einen hohen Dringlichkeitswert hat. Quelle: Fotolia
Frau ruft mit einem Megaphon aus einem Laptop heraus Quelle: Fotolia
Halten Sie sich am besten kurzKaum jemand liest lange Mails. Ein Blogbeitrag bei „Mashable“ zeigt, dass meist fünf Sätze genügen, um dem Empfänger ein Ziel klar vor Augen zu führen. Auf verständliche Formulierungen sollten Sie allerdings trotzdem achten. Die Einhaltung von Grammatik, Zeichensetzung und Rechtschreibung haben in einer E-Mail immer Priorität. Am besten vor dem Absenden noch einmal gegenlesen. Quelle: Fotolia
Frau hebt den Zeigefinger Quelle: Fotolia

Alles fing harmlos an, damals vor 44 Jahren im Büro einer Computerfirma in Boston. Der Programmierer Ray Tomlinson tippte ein paar Buchstaben in seinen Computer und klickte als erster Mensch auf den Sendeknopf eines E-Mail-Programms. Die Nachricht landete kurz darauf bei ihrem Empfänger: einem anderen Computer von Tomlinson, der einige Meter entfernt stand. Die erste E-Mail der Welt war ein Selbstgespräch.

Seitdem sind einige Mails dazugekommen, viele waren vermutlich ähnlich inhaltsleer. Und es geht immer weiter: Im Jahr 2018 werden weltweit 140 Milliarden berufliche E-Mails verschickt, schätzt das Marktforschungsunternehmen Radicati Group – pro Tag.

Für Büroarbeiter sind E-Mails bisweilen eine Qual, manchmal richten sie echten Schaden an. Niemand weiß das besser als Hillary Clinton, die sich kürzlich für die dienstliche Nutzung ihres privaten E-Mail-Anschlusses als US-Außenministerin entschuldigen musste. Oder die Angestellte des Deutschen Bundestags, die im Jahr 2012 die Server überlastete. Sie schickte eine E-Mail versehentlich an mehr als 4000 Konten – weil sie auf „Allen antworten“ gedrückt hatte. Noch peinlicher war der Fauxpas der Fondsgesellschaft Aviva Investors, der 2012 per E-Mail aus Versehen alle 1300 Angestellten weltweit feuerte – obwohl er nur eine einzige Kündigung aussprechen wollte.

Die größten Fehler beim Einsatz von E-Mails

Für Organisationspsychologen, Informatiker und Kommunikationswissenschaftler sind E-Mails jedoch ein Glücksfall. Denn die elektronische Post erlaubt einen Blick in die Seele der Angestellten – und der gesamten Unternehmenskultur. Leider kommt die E-Mail in den meisten Studien nicht allzu gut weg.

Kein Wunder: Kaum wollen sich Angestellte konzentriert einer Aufgabe widmen, macht es pling. Aus Neugier schauen die meisten sofort ins Postfach, egal, ob unterwegs auf dem Handy oder am Rechner im Büro. Abends wissen sie vor lauter E-Mails nicht mehr, wo der Tag geblieben ist – und fühlen sich ausgelaugt. Wie viel Stress E-Mails tatsächlich verursachen, fanden Kostadin Kushlev und Elizabeth Dunn von der Universität von British Columbia heraus.

Für ihre Studie rekrutierten sie 124 Angestellte aus unterschiedlichen Bereichen. In der ersten Woche sollten sie nur dreimal täglich ihre E-Mails lesen und beantworten, ansonsten sollten sie den Posteingang ignorieren. In der zweiten Woche sollten sie hingegen so oft wie möglich ihre Mails checken.

Je mehr E-Mails, desto Stress

Jeden Tag schickten die Forscher den Teilnehmern am Ende ihres Arbeitstages einen Fragebogen. Dort sollten sie unter anderem eintragen, ob sie sich gestresst oder entspannt fühlten. Das Ergebnis: Je öfter die Angestellten am Tag Mails gecheckt hatten, desto gehetzter fühlten sie am Abend.

Was bei der Arbeit stresst

Wissenschaftlern zufolge liegt das auch an der besonderen Form der Kommunikation. Die schriftlichen, knappen Formulierungen erschweren die Verständlichkeit und fördern Missverständnisse. Kaum jemand kann zwischen ernsten Ansagen und feiner Ironie unterscheiden. Weder Sender noch Empfänger einer E-Mail scheinen sich bewusst zu sein, dass sich Ironie oder andere subtile Botschaften nur schwer in Textform übermitteln lassen. „Menschen überschätzen, wie gut sie mit E-Mails kommunizieren können“, sagt der Psychologe Justin Kruger von der New-York-Universität. Das gilt längst nicht nur für Ironie – sondern auch für Emotionen wie Ärger und Trauer, wie Psychologen in mehreren Experimenten zeigen konnten. Und vor allem für Humor. Einen Witz über E-Mail richtig rüberzubringen, ist noch schwieriger, als Ironie zu verdeutlichen. Trotzdem glauben auch hier die meisten Menschen, dass der Empfänger ihrer lustig gemeinten E-Mail den Humor schon versteht.

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