Ab August wird es ernst für Microsoft und den Windows-Chef Terry Myerson, denn Ende Juli läuft das kostenlose Upgrade auf Windows 10 aus. Nachdem es lange ruhiger war, wirbt der Softwareriese nun noch einmal mit Vehemenz für das Gratis-Angebot auf sämtlichen Kanälen, in Online-Anzeigen, Firmenblogs und nicht zuletzt über das Upgrade-Symbol rechts unten in der Windows-Fußleiste.
Warum Microsoft den Nutzern Windows 10 förmlich aufdrängt? Der einfache Grund: Laut Myerson hatten bis Mai 2016 erst 350 Millionen Nutzer Windows 10 installiert. Dabei soll es bis Mitte 2018 auf einer Milliarde Geräte laufen, hatte Microsoft-Chef Satya Nadella getönt.
Das Ziel rückt in weite Ferne, wenn das Upgrade ab dem 29. Juli zwischen 135 Euro (Home-Version) und 279 Euro (Pro-Version) pro Lizenz kostet. In Anbetracht des schrumpfenden PC-Markts, des mangelnden Interesses an Windows-Smartphones und des mühsamen Kampfs der Surface-Tablets ist anzunehmen, dass das Wachstum dann einen Dämpfer bekommt.
Für alle, die sich bisher nicht durchringen konnten, bleibt die Frage, ob sich kurz vor Auslaufen der Gratisofferte das Upgrade doch noch lohnt? Tatsächlich gibt es für einige (wenn auch nicht alle) PC-Anwender gute Argumente dafür – trotz Kritik am Umgang mit dem Datenschutz, Installationsproblemen und wegfallenden Features.
Das Wichtigste, das Sie vor dem Auslaufen der Frist wissen müssen, und ein Tipp, wie Sie sich mit kleinen Tricks das kostenlose Upgrade über den 29. Juli hinaus sichern können, im Überblick.
Wann ist das Upgrade sinnvoll?
Nützlich ist das Upgrade für diejenigen, die schon Windows 7 einsetzen und das Betriebssystem parallel auf PC, Tablet und Smartphone nutzen. Sofern Nutzer sich überall mit dem gleichen Konto anmelden, funktioniert das auch auf dem iPad oder dem iPhone – etwa bei den Office-365-Anwendungen. „Dadurch sind die Geräte deutlich besser verzahnt, als das noch bei den Vorgängern von Windows 10 der Fall war“, sagt Peter Grabowski, Senior Consultant bei Computacenter. Außerdem wichtig: „Neue Technologien werden primär in Windows 10 integriert“, so Grabowski. Windows 7 und 8.1 werden nicht mehr aktualisiert.
Wie Windows wurde, was es ist
Der Urahn des inzwischen meistgenutzten PC-Betriebssystems kam im November 1985 auf den Markt. Damals war Microsoft noch ein Außenseiter, während der Platzhirsch IBM und der Aufsteiger Apple den Kampf um den PC-Markt auszufechten schienen. Anfangs arbeitete sich Windows nur mühsam ins Geschäft – denn Microsoft verzichtete zunächst angesichts eines jahrelangen Patentstreits mit Apple auf grafische Bedienungselemente.
Mit dieser Version lernte Windows 1992, Videos abzuspielen, bekam die ersten integrierten Spiele und neue Schriften. Die Grundansicht mit den überlappenden Fenstern und einem Desktop für Programm-Symbole blieb – mit einigen Design-Änderungen – lange erhalten.
Parallel zu den Consumer-Versionen von Windows entwickelte Microsoft nach dem Scheitern des OS/2-Projektes mit IBM eine Windows-Version mit einem neuen Programm-Kern („Windows New Technology“). NT wurde mit Windows 2000 fortgeführt und ging später in Windows XP auf.
Die radikale Erneuerung von 1995 brachte in Grundzügen das Windows, das heute praktisch jeder kennt. Unter anderem wurde der „Start“-Knopf mit dem Balken am unteren Bildschirmrand eingeführt. Nachdem nachträglich der Web-Browser Internet Explorer zum Windows-Grundpaket hinzugefügt wurde, setzte sich Microsoft zum Ärger der Wettbewerbshüter in diesem Bereich gegen den Pionier Netscape durch. Auf die Version folgten die kleineren Aktualisierungen Windows 98 und ME.
2001 brachte Microsoft die bisher langlebigste Version seines Betriebssystems auf den Markt. Mit Windows XP wurden viele visuelle Effekte hinzugefügt, ebenso wie wichtige Funktionen wie etwa schneller Benutzerwechsel, eine integrierte Firewall für mehr Sicherheit und verbesserter Medienwiedergabe.
Das Betriebssystem Windows Vista sollte XP verdrängen, wurde von den Nutzern aber weitgehend ignoriert. Die 2007 veröffentlichte Version bot zwar neue Bildschirmansichten, aber eine für viele Nutzer verwirrende Rechteverwaltung für Benutzerkonten. Erst mit der Vorstellung von Windows 7 im Oktober 2009 konnte Microsoft die Anwender wieder überzeugen.
Mit Windows 8 rüstet sich Microsoft für den Wandel der Computer-Welt: Die neue Kacheloberfläche ist für Touchscreens ausgelegt und eignet sich damit auch für Tablet-Computer – äußerlich ähnelt das System damit dem Smartphone-Betriebssystem Windows Phone. Microsoft stellte Windows 8 im Oktober 2012 vor. Gerade an der neuen Bedienung wurde jedoch schnell viel Kritik laut.
Ein Update für Windows 8 kam im Oktober 2013 auf den Markt. Das kostenlose Windows 8.1 soll die größten Kritikpunkte an dem Vorgänger ausräumen. So können Nutzer direkt auf den Desktop starten und so die Kacheloberfläche umgehen. Zudem kehrt der Startknopf zurück, wenn auch nicht das klassische Startmenü.
Mit Windows 10 bietet Microsoft eine einheitliche technische Plattform für PCs, Tablets und Smartphones an. Das von Nutzern ersehnte Start-Menü kehrt auf den Desktop zurück. Am 29. Juli 2015 stellte der Softwaregigant das jüngste Betriebssystem vor. Ein Jahr lang war das Upgrade auf Windows 10 für Computer mit Windows 7 und 8.1 kostenlos. Was das neue System bringt und für welche Nutzer es sinnvoll ist, lesen Sie hier.
Auch für die, die es praktisch mögen, bietet Windows 10 durchaus Vorteile. Die virtuelle Assistentin Cortana kann getippte und gesprochene Aufgaben erledigen. Der Browser Edge, der Nachfolger des Internet Explorers, ist ebenfalls Windows 10 vorbehalten. Microsoft sichert außerdem mehr Geschwindigkeit zu. Gewährleistet soll das über die ständigen Updates. Das macht sich bereits beim Hochfahren bemerkbar: Verglichen mit der Vorgängerversionen bootet Windows 10 sehr schnell.
Auch Fans der neuesten Computer-Spiele kommen künftig nicht um Windows 10 herum. Für immer mehr Spiele ist es Voraussetzung – beispielsweise für Halo Wars 2, das im Herbst 2016 erscheint.
Wer sollte die Finger von Windows 10 lassen?
Nicht für jeden lohnt sich der Schritt. Grundsätzlich haben all diejenigen, die veraltete Hardware benutzen ein Problem. „Windows 7 ist ein guter Orientierungspunkt“, sagt Grabowski, „laut Microsoft ist die Hardware für beide Generationen miteinander kompatibel. In der Regel stimmt das.“ Nutzern, die mit veralteter Software arbeiten – etwa liebgewonnenen aber nicht mehr aktuellen Video-Schnittprogrammen – rät Grabowski von der Migration ab.
Wer darauf setzt, autark zu sein, sollte ebenfalls nicht umstiegen. Das System wird automatisch und ständig aktualisiert – „Windows as a Service“ heißt das in Redmond. Neben dem alljährlichen Update erhalten die Anwender kleinere Updates. Der Nutzer verfügt so stets über sämtliche Funktionen, die das Betriebssystem bietet.
Der Nachteil dabei: Es gibt für Standardanwender keine Möglichkeit mehr, die Updates auszusetzen, Nutzer von „Pro“ und „Enterprise“ können sie zumindest bis zu vier Monate aufschieben. Danach erhalten auch sie die Neuerungen. „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass dieser Aktualisierungsvorgang nicht immer reibungslos verlief“, sagt Grabowski. „Anwendungen, die nach dem Update nicht mehr systemkompatibel sind, werden einfach entfernt.“
Ein weiterer Nachteil des neuen Windows: Von vielen PC-Anwendern geschätzte Features wie das Media Center, über das sich Musik und Videos abspielen lässt, verschwinden. Für Nutzer von Windows 8 ist das nicht neu. Allerdings lässt sich hier mit Gratis-Software Abhilfe verschaffen – etwa mit dem VLC Player.