Daimler-Chef im Interview Wie steht es um die Elektroautos, Herr Zetsche?

Daimler gibt Milliarden für neue Antriebe aus, erzielt damit aber kaum Gewinn. Dennoch setzt Daimler-Chef Dieter Zetsche weiter auf E-Autos – und schickt bald den ersten Elektro-Mercedes an den Start.

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Daimler-Chef Dieter Zetsche Quelle: Stefan Nimmesgern für WirtschaftsWoche

Eine weinrote E-Klasse, ein C-Klasse Cabrio in Metallic-Blau und eine tiefschwarze S-Klasse in der Maybach-Ausführung, ein paar Meter weiter steht noch ein silberner GLE, der beinahe die grüne A-Klasse verdeckt: Der Parkplatz vor dem Gebäude Nummer 137 im Daimler-Stammwerk Stuttgart-Untertürkheim wirkt wie ein Best-of aus dem Prospekt von Mercedes-Benz. Ein Kompaktmodell für den Absatz, ein großes SUV für die Marge und ein Cabrio für die emotionalen Autofahrer – von allem ist etwas dabei.

Von seinem Schreibtisch aus im dritten Stock kann Konzernlenker Dieter Zetsche die Mercedes-Parade vor seiner Türe Tag für Tag verfolgen – und sich im Grunde genommen zufrieden zurücklehnen. Die Gewinne sprudeln, SUV mit dem großen Stern im Kühlergrill verkaufen sich weltweit blendend. Dank der Kompakt-Offensive mit A-Klasse, CLA und GLA ist die Marke auch wieder bei jüngeren Autokäufern beliebt. Und mit der E-Klasse, dem Benz schlechthin, hat man gerade das neue Benchmark für eine Business-Limousine auf den Markt gebracht.

Nur eines fehlt auf dem Parkplatz: ein gut sichtbares Elektroauto. Wo vor der BMW-Zentrale die futuristisch anmutenden i3 und i8 zur Schau gestellt werden, sticht bei Daimler kein serientauglicher Elektroflitzer ins Auge. Das nach dem Auslaufen des E-Smarts einzige Elektroauto des Konzerns, der B 250e, tarnt sich als ein gewöhnlicher Kompakt-Van – und fällt mit dem kleinen „e“ auf dem Kofferraumdeckel zwischen all den Maybachs, AMG und selbst den gewöhnlichen Mercedes-Modellen nicht auf.

Dass an dieser Stelle Nachholbedarf besteht, hat Zetsche erkannt. „Wir werden unsere Aktivitäten rund um die Elektromobilität deutlich ausweiten“, sagt der Daimler-Chef im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Dafür haben wir unsere Planung erheblich anspruchsvoller gestaltet.“

In Zahlen ausgedrückt: In den kommenden beiden Jahren wird der Stuttgarter Konzern 14,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren – mehr als die Hälfte davon soll in grüne Technologien fließen, wie Entwicklungsvorstand Thomas Weber im Juni verkündet hat.

Zur Person: Dieter Zetsche

Wann sich diese Milliarden-Investitionen für Daimler auch in nennenswerten Marktanteilen für E-Autos auszahlen, will Zetsche nicht voraussagen. Volkswagen zum Beispiel wird da deutlicher: Die Wolfsburger hoffen, dass im Jahr 2025 jedes dritte verkaufte Auto einen Elektromotor hat.

Für Zetsche ist der Weg in die Elektromobilität unstrittig – die Herausforderung sei es, den richtigen Zeitpunkt zu treffen. „Das ist wie mit der umgedrehten Ketchup-Flasche. Wenn man draufschlägt, weiß man, irgendwann kommt was raus“, so Zetsche. „Du weißt nicht wann, aber wenn’s kommt, dann richtig. Dann ist es schlecht, wenn man nicht bereit ist.“

Wo Daimler im Abgas-Sumpf steckt
Daimler-CEO Dieter Zetsche Quelle: REUTERS
Daimler Quelle: REUTERS
Daimler-Chef Zetsche vor einer Mercedes V-Klasse Quelle: dpa
Mercedes C-Klasse Quelle: PR
Daimler Quelle: dpa
Dieter Zetsche Quelle: dpa

Sprich: Daimler wird sein Angebot an Elektro-Fahrzeugen rasch ausbauen. Auf der Nutzfahrzeug-IAA im September will Daimler Trucks einen Elektro-Lkw zeigen, auch die Batterie-Variante des neuen Smart steht in den Startlöchern.

Die größte Neuheit wird aber auf der Automesse in Paris Anfang Oktober zu sehen sein. Dann zeigt Mercedes einen emissionsfreien Ableger des Kompakt-SUV GLC – wohl mit einer bislang einzigartigen Kombination aus einer einfach aufladbaren Batterie (Reichweite ungefähr 50 Kilometer) und einer Brennstoffzelle, die 500 Kilometer Reichweite verspricht.

Zuletzt hieß es in Medienberichten, Mercedes wolle mit dem Elektro-SUV eine neue Submarke starten – analog zum Luxus-Ableger Mercedes-Maybach, den Sport-Modellen Mercedes-AMG oder eben der Münchner Elektro-Konkurrenz BMW i. Bestätigen wollte Zetsche diese Gerüchte nicht – aber auch nicht dementieren. „Marken sind eine gute Möglichkeit, um das Angebot nach innen und außen klar zu differenzieren“, sagt der 63-Jährige. „So gesehen kann es Sinn machen, der E-Mobilität auch eine Eigenständigkeit zu geben.“ Man könne das E-Auto auch nur als technische Variation des Antriebs definieren. „Wahrscheinlich ist es aber viel mehr.“

Die Elektromobilität werde zusammen mit den anderen Megatrends Konnektivität, Autonomes Fahren und Sharing über den Erfolg in der Zukunft entscheiden. „Die interessantesten Entwicklungen entstehen aus der Kombination“, sagt Zetsche. „Wir müssen deshalb überall vorne dabei sein. Aber wie genau die neuen Dienste aussehen werden, kann ich heute noch nicht sagen.“

Welche Dienste Daimler dennoch erprobt, wie Zetsches Zeitplan für das Autonome Fahren aussieht und wie er den ganzen Konzern wegen der Digitalisierung umbauen will, lesen Sie im umfassenden Interview.

Neun Fragen an Dieter Zetsche

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