Fahndung nach VW-Managern Gut, dass in den USA andere Sitten herrschen

Die US-Behörden starten mit der Fahndung nach früheren VW-Managern die zweite Phase ihrer Ermittlungen. Für die Betroffenen ist das bitter, für Bürger, Kunden und unschuldige VW-Mitarbeiter eine Genugtuung.

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VW-Werk Wolfsburg Quelle: dpa

Die USA suchen per internationalem Haftbefehl nach fünf angeblichen Dieselgate-Tätern. Es läuft also die zweite Phase der Ermittlungen der US-Behörden. Im ersten Schritt hat Volkswagen Betrug und Verstöße gegen Umweltvorschriften gestanden und wurde als Unternehmen zu Milliardenstrafen verdonnert. Nun, im zweiten Schritt, geht es nicht mehr um das Unternehmen, es geht um die Täter. Das war abzusehen. Schon lange vermieden deshalb etliche VW-ler und geschasste Ex-Mitarbeiter Reisen ins Ausland. In Deutschland sind sie sicher, außerhalb der Grenzen jedoch drohen ihnen Haft und Auslieferung in die USA.

Viele amerikanische Strafverfolger und Politiker stören sich schon seit Jahren daran, dass bei großen Wirtschaftsverbrechen in den USA meist nur die Firmen belangt werden, nicht aber die Manager, die die Taten begingen. Etwa nach der Finanzkrise: Etliche Banken mussten Milliardenstrafen zahlen, aber kein einziger Banker aus der Führungsetage dieser Institute landete hinter Gittern.

2015 versuchte die damalige US-Justizministerin Sally Yates Abhilfe zu schaffen. Sie formulierte in einem Schreibe an die obersten Staatsanwälte des Landes und den FBI-Chef, dass bei der künftigen Strafverfolgung auch Manager ins Visier genommen werden müssten.

Dass dieses sogenannte Yates-Memorandum exakt neun Tage vor dem Bekanntwerden des VW-Abgasskandals formuliert wurde, ist sicherlich Zufall. Es hat seinen Ursprung eher nicht im Dieselskandal, sondern in der Finanzkrise. Aber das Zusammenfallen der beiden Termine ist trotzdem bedeutsam. Denn ausgerechnet der VW-Skandal könnte nun der erste große Fall der US-Behörden werden, bei dem die Forderungen des Justizministeriums umgesetzt werden.

Ohne die Finanzkrise wären die VW-Manager wohl leichter davon gekommen

Das ist bitter für die betroffenen Manager. Ein paar Jahre früher wären sie mit dem Betrug wohl leichter davon gekommen. Aber aus Sicht von Bürgern und Kunden, die gesundheitlich und wirtschaftlich unter dem Fehlverhalten leiden, ist das eine Genugtuung – und auch aus Sicht der unschuldigen VW-Mitarbeiter. Die 99 Prozent Unschuldigen bei VW sollten ein Interesse daran haben, dass nicht länger das VW-Logo für den Skandal steht, sondern die Gesichter von Managern.

In der Führungsriege des Konzerns hält sich die Begeisterung für eine solche Personalisierung des Skandals allerdings sehr in Grenzen. Wo Enthüllungen von geschassten Dieselgate-Managern drohen, hängt das Topmanagement lieber ein – sehr kostspieliges – Mäntelchen des Schweigens darüber.

Welche Modelle unter den Diesel-Vergleich fallen

Zum Beispiel bei der VW-Tochter Audi: Da löste im Dezember 2015 Stefan Knirsch den bisherigen Technik-Vorstand ab, der wegen Dieselgate den Hut genommen hatte. Knirsch versicherte schriftlich, dass er mit dem Skandal nichts zu tun habe. Nur gut ein halbes Jahr später kamen interne VW-Fahnder aber zur gegenteiligen Überzeugung und auch Knirsch wurde nun gefeuert.

Ex-Vorstand bekommt trotz Falschaussage Millionen

Muss er froh sein, wenn er nach dieser dreisten Nummer von Audi nicht auf Schadenersatz verklagt wird? Von wegen! Knirsch bekommt den Lohn der gesamten Vertragslaufzeit ausbezahlt, insgesamt rund 3,8 Millionen Euro.

Bei anderen entlassenen Dieselgate-Verantwortlichen verfährt Audi nach Angaben von Insidern ganz ähnlich. „3,8 Millionen dafür, dass er schuld war! Wer hat denn diesen Vertrag ausgehandelt?“, fragte Andreas Breijs von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bei der Audi-Hauptversammlung im Mai fassungslos. Die Antwort ist einfach: Leute, die besser schlafen können, wenn Knirsch keinen Groll gegen sie hegt.

Gut, dass wenigstens jenseits der deutschen Grenzen andere Sitten herrschen.

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