Funk-Updates TÜV fordert Nachprüfungen für „frisierte“ Tesla-Autos

Tesla kann auf seine Autos drahtlos Software-Updates aufspielen – auch andere Hersteller arbeiten an der Technik. Der TÜV Rheinland hält das für gefährlich – und fordert eine neue Zulassung nach einem Update.

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Tesla hat den Autopilot per Drahtlos-Update aufgespielt. Quelle: REUTERS

Das Software-Update kommt über Nacht und „over the air“, also über das Mobilfunk-Netz oder das heimische WLAN-Netz. Am nächsten Morgen verfügt das Elektroauto plötzlich nicht nur über mehr Antriebskraft und Reichweite. Es kann auch automatisch ein- und ausparken, autonom über die Autobahn fahren und verfügt obendrein über eine neue Fahrwerksabstimmung mit größerer Bodenfreiheit.

„Cool“ denkt der Fahrer des Tesla und freut sich über diese Pionierleistung des kalifornischen Fahrzeugherstellers, der mit seinen automatischen Updates Innovations-Prozesse, wie man sie aus der IT-Branche kennt, auf die Autoindustrie übertragen hat.
„Gefährlich“ sagt hingegen Michael Fübi, der Vorstandsvorsitzende des TÜV Rheinland in Köln. Wer garantiere denn, fragt der Ingenieur, dass das Software-Update tatsächlich vom Autohersteller komme und die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs nicht beeinträchtige? „Das Auto ist nach dem Software-Update nicht mehr das gleiche für das eine Betriebserlaubnis erteilt wurde“, argumentiert Fübi. Daraus folge: „Eigentlich müsste dem Auto nach einem Update, das gravierende Parameter verändert, die Zulassung entzogen werden.“

Natürlich müssen Tesla-Besitzer in Deutschland jetzt nicht bangen, dass ihr Model S nach dem jüngsten Firmware-Update 7.2 von der Polizei aus dem Verkehr gezogen wird, weil die TÜV-Plakette über Nacht ungültig geworden ist. Auch eine Vorführung bei einem Kfz-Sachverständigen ist – vorerst – nicht geplant. Aber die Frage des TÜV-Chefingenieurs zeigt, wie sehr Elektromobilität und Digitalisierung nicht nur die Autoindustrie, sondern auch den Gesetzgeber fordert: Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg etwa hat sich mit der delikaten Fragestellung nach eigenen Angaben noch gar nicht befasst: „Auf Ihre Fragen können wir Ihnen keine Antworten geben.“

Wie relevant ist das Connected Car beim Autokauf?

Tesla ist derzeit noch der einzige Hersteller, der seine Autos ähnlich wie Computer oder Mobiltelefone regelmäßig durch automatische Software-Patches „frisiert“ und auf diese Weise jung hält. Aber auch andere Hersteller denken über eine Fern-Wartung ihrer Autos nach.

Schließlich wächst die Zahl der Fahrzeuge, die bereits ab Werk einen drahtlosen Internetzugang besitzen: Connectivity wird nicht nur für junge Autokäufer immer wichtiger. Über Mobilfunk erhält der Fahrer permanent hochaktuelle Verkehrsinformationen für den Navigationsrechner, auf Wunsch auch Börseninformationen oder die Preise der nächstgelegenen Tankstelle.

Noch viele Hürden für selbstfahrende Autos

Auf dem gleichen Wege könnte ein Fahrzeughersteller theoretisch problemlos aber auch die Software für das Motormanagement verändern. Volkswagen muss seine Dieselfahrzeuge mit erhöhten Stickoxid-Emissionen für ein Software-Update noch umständlich in die Werkstatt zurückrufen – weil die Autos bis zu zehn Jahre alt sind und noch über keinen Internet-Zugang haben, aber auch, weil das Software-Update erst vom Kraftfahrt-Bundesamt kontrolliert und genehmigt werden musste.

„Sicherheit geht vor Bequemlichkeit und Schnelligkeit“, mahnt TÜV-Rheinland-Chef Fübi. Das gelte vor allem dann, wenn Software-Updates Auswirkungen auf die Assistenzsysteme des Fahrzeugs haben, auf Techniken, die das Auto in der Spur halten oder den Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern regulieren.

Mercedes etwa bietet zwar ebenfalls automatische Aktualisierungen der Betriebssysteme an. Aufgespielt werden können diese Computerprogramme bislang allerdings nur in der Werkstatt – wo sie anschließend auch auf ordnungsgemäße Funktion getestet werden. Auch Toyota hat aus Sicherheitsbedenken bislang davon abgesehen, automatische Updates über das Mobilfunknetz direkt ins Fahrzeug zu übertragen. Eine Rolle spielte dabei sicher auch die Sorge, dass Hacker den gleichen Weg wählen und von außen Kontrolle über das Fahrzeug erlangen könnten. Erst im Sommer vergangenen Jahres war es Software-Experten in den USA gelungen, über das Infotainment-System des Autos einen Chrysler-Geländewagen zu „hacken“ und aus der Ferne lahm zu legen. Eine Horrorvorstellung für jeden Sicherheits-Experten.

TÜV-Vorstand Fübi fordert deshalb die Autoindustrie auf, die Betriebssoftware nicht nur für das Motormanagement, sondern auch für die Assistenzsysteme offen zu legen. Bislang hatten die Fahrzeughersteller dies abgelehnt – unter Hinweisen auf den Designschutz und aus Sorge, Kriminelle könnten die Daten dann leicht manipulieren. Nach „Dieselgate“, dem von kriminellen Ingenieuren verursachten VW-Abgasskandal, sollte dieses Argument nicht mehr ziehen.

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