Offroad oder Straße? Was ein SUV zum Geländewagen macht

Alle reden vom SUV-Boom. Bestseller wie der VW Tiguan oder Porsche Macan sind aber offiziell Geländewagen. Wer die Schuld an dem Durcheinander trägt – und wie Sie die Unterschiede erkennen.

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Porsche Macan donnert durch Pfütze Quelle: dpa Picture-Alliance

Es scheint doch eindeutig zu sein: Der Förster fährt einen Geländewagen, die Zahnarztgattin ein SUV. Der eine einen kleinen Suzuki Jimny oder einen alten Land Rover Defender, die andere einen großen Range Rover Sport, Audi Q7 oder Mercedes GLS. Und die Tochter der Zahnarztgattin fährt mit einem Audi Q3 natürlich auch ein SUV.

Alles klar? Denkste.

Ganz so einfach ist es dann doch nicht. In der Statistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) wird seit 2013 fein säuberlich zwischen Geländewagen und SUV unterschieden. Und dabei dienen weder die Einkommensverhältnisse des Fahrers noch die Preisklasse des Autos als Unterscheidungsmerkmal. 2.181.473 SUV und 2.043.255 Geländewagen waren zum 1. Januar 2017 bei der Flensburger Behörde registriert.

Aber was macht ein SUV zum SUV und ein Geländewagen zum Geländewagen?

Zunächst einmal: Es ist egal, was der Hersteller sagt. Laut Audi macht „sein progressives und sportliches Design“ den Q3 zu einem „echten Hingucker“ und es unterstreicht seinen „markanten SUV-Charakter“. Einzig: Beim Kraftfahrtbundesamt ist der Q3 ein Geländewagen und eben kein SUV.

Genau genommen ist von den Q-Modellen im Audi-Angebot nur der kleine Q2 ein SUV, alle größeren Modelle ein Geländewagen. Der Porsche Macan? Geländewagen. Der russische Offroad-Klassiker Lada Niva? Beim KBA ein SUV. Der VW Tiguan? Geländewagen. Der Mercedes GLC? SUV. Haben Sie noch den Durchblick?

Der SUV-Trend in Zahlen

Wenn gemeinhin vom „SUV-Boom“ die Rede ist, müsste es eigentlich "SUV- und Geländewagen-Boom" heißen. Verkauft werden die Autos aber als SUV; mit etwas mehr vermeintlichem Nutzen (wie die höhere Sitzposition) und aufwändig inszeniertem Abenteuer-Allrad-Image sind sie zum Selbstläufer geworden – kaum ein Hersteller in kaum einer Fahrzeugklasse, der kein SUV im Angebot hat. Wer noch keins hat, hat angesichts der kaum enden wollenden Nachfrage einen gravierenden wirtschaftlichen Fehler gemacht. Sogar Ferrari denkt inzwischen über den Gang ins (leichte) Gelände nach.

Wer den Unterschied abseits des SUV-Marketings verstehen will, muss in Anlage XXIX der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) schauen. Dort ist geregelt, wie die einzelnen Fahrzeugklassen zu unterscheiden sind. Unter die Klasse M1 fallen für die Personenbeförderung ausgelegte Fahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen, außer dem Fahrersitz.

In acht Punkten zum Geländewagen

Zu einem Geländefahrzeug der Klasse M1G werden die Autos, wenn sie einen Allradantrieb haben (er darf auch abschaltbar sein) und mindestens eine Differenzialsperre (oder eine Einrichtung, die eine ähnliche Wirkung gewährleistet) eingebaut ist. Zudem müssen von sechs Kriterien bei Böschungswinkel und Bodenfreiheit mindestens fünf erfüllt sein:

Kriterien für einen Geländewagen

Diese technischen Werte, die der Gesetzgeber festgelegt hat, hat auch das KBA übernommen, als die Behörde nach Jahren des SUV-Booms Anfang 2013 wieder eine klare Unterscheidung wollte. Damals begründete das KBA den Schritt so: „Im Segment „Geländewagen“ werden zukünftig nur noch die „echten“ Geländewagen mit entsprechender Typgenehmigung (M1G) ausgewiesen, zum Beispiel der Jeep Wrangler. Die übrigen Modelle mit „Offroad-Charakter“ (z. B. BMW X1) bilden ein neues Segment: SUVs.“

Doch das Problem ist, dass eine Unterscheidung anhand dieser Merkmale, die als Mindestanforderung für eine echte Geländefähigkeit gesehen werden können, keine sinnvolle Grenze zwischen den beiden Segmenten bietet. Der angesprochene Audi Q3 wird von jedem als SUV bezeichnet und auch vom Hersteller als solcher vermarktet. Da der Wagen mit den Anforderungen, die das Produktmanagement an seinen „Offroad-Charakter“ gestellt hat, zufällig auch die Definition eines Geländewagens einhält, ist er vor dem Gesetz plötzlich kein SUV mehr.

Porsches bester Kombi
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche
Porsche Cayenne Turbo Quelle: Porsche

Anderes Beispiel: Der große Unterschied zwischen einem BMW X3 und X4 ist das Heck: Der X3 ist ein „klassisches“ SUV mit großem Kofferraum, während beim X4 das Dach hinter den Vordersitzen sanft abfällt und in einem flachen, limousinenartigen Kofferraum mündet.

Oft wird bei solchen Autos von SUV-Coupés gesprochen, BMW selbst bezeichnet Modelle wie den X2 als Sports Activity Vehicle (SAV). Ein Blick in die Statistik zeigt aber: Der X3 ist ein Geländewagen, der X4 ein SUV – obwohl Technik und Antrieb nahezu gleich sind. Wo liegt der Unterschied?

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