Unbeliebte US-Aufpasser Die heikle Mission des Larry Thompson bei VW

Wegen des Abgasskandals bekommt das VW-Management einen US-Aufpasser vorgesetzt. Wolfsburg wartet nervös auf Larry Thompson – einen weiteren Aufpasser, mit dem Washington deutsche Unternehmen drangsaliert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
US-Justiz drangsaliert Volkswagen. Quelle: imago images

Als das interne Umzugsteam den VW-Mitarbeiter fragt, wie viele Kartons er braucht, weiß der Mann sofort, worum es geht. „Das war das Signal, dass der Monitor bald kommt“, sagt er und meint damit keinen neuen Bildschirm, sondern einen Aufpasser, den künftig vielleicht mächtigsten Mann in Wolfsburg.

Tatsächlich erfuhr er nur wenige Tage später, dass er künftig dem US-Topjuristen Larry Thompson zuarbeiten wird. Der soll in den kommenden drei Jahren als eine Art Bewährungshelfer im Auftrag des US-Justizministeriums dafür sorgen, dass der Autobauer nach dem Dieselskandal auf den Weg der Tugend findet.

Dabei ist die Rolle der USA als Weltstaatsanwalt durchaus problematisch. Monitore, wie sie aktuell auch bei Bilfinger, der Deutschen Bank und der Commerzbank im Einsatz sind, sind teuer und bewegen sich auf juristisch unsicherem Terrain. Konflikte mit deutschem Arbeits- und Datenschutzrecht sind unvermeidbar. Und über allem schwebt die Sorge der deutschen Manager, dass vertrauliche Daten in die falschen Hände geraten. Sie wiegen umso schwerer, seit der US-Präsident Donald Trump heißt und „America first“ proklamiert.

Deutsche Unternehmen unter Aufsicht der US-Justiz

Doch deutschen Unternehmen bleibt kaum etwas anderes übrig, als sich in die Obhut ihrer Aufpasser zu begeben. „Die Unternehmen ziehen die Einmischung der USA bei der Verfolgung von Delikten außerhalb der eigenen Grenzen Prozessen in Amerika vor“, sagt ein Anwalt, der häufig in US-Ermittlungen eingebunden ist. Ihren Missmut über die Eingriffe von außen äußern Manager allenfalls vorsichtig hinter vorgehaltener Hand. Offiziell kooperieren sie soweit es irgend geht. Schließlich vermeiden sie so Verfahren, die lange dauern, unkalkulierbar teuer werden und die US-Geschäfte empfindlich stören können.

Die Monitore haben außergewöhnlich viele Rechte

Das alles läuft auf Umwegen. Da US-Behörden in Deutschland formal nichts zu melden haben, beauftragen Konzerne bei Konflikten mit der US-Justiz auf eigene Kosten Kanzleien, die bei ihnen recherchieren und Ergebnisse in die USA melden. Danach können die US-Behörden die Überwachung durch einen Monitor verlangen. Dann schlagen die Unternehmen Kandidaten vor, unter denen das US-Justizministerium den geeigneten auswählt. Der muss noch von einem US-Gericht bestätigt werden.

Und dann kann es losgehen. Die Rechte der Monitore sind umfassend, sie können jede Ecke des Unternehmens besuchen, wann immer sie wollen, jede Unterlage einsehen, sie nehmen an Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen teil. Erstmals passierte das bei Siemens. Den Konzern hatte das US-Ministerium 2009 nach dem Schmiergeldskandal an die kurze Leine genommen. Als Aufpasser installierte die Behörde Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel, der seit seinem Rückzug aus der Politik als Jurist arbeitet. Heute lobt der seine eigene Arbeit und die dadurch geschaffenen Regeln für ein „clean business“. Siemens sei damit „gut gefahren“. Tatsächlich, das zeigt die Erfahrung, bringen die US-Aufseher ein System wirksamer Kontrollen deutlich voran.

Der Golf bleibt ein Golf
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen
VW Golf Quelle: Volkswagen

Abgeschlossen ist die Arbeit des US-Aufpassers auch bei Daimler, aktuell ist in Deutschland jeweils ein Sittenwächter bei Bilfinger und der Commerzbank aktiv. Besonders umfangreich wird derzeit die Deutsche Bank kontrolliert. Hier achten gleich fünf Monitore darauf, dass das Institut die Lehren aus Geschäften mit faulen US-Hypothekenkrediten, der Manipulation des Referenzzinses Libor, dem nachlässigen Umgang mit Sanktionen und Unregelmäßigkeiten beim Devisenhandel zieht.

Besonders pikant ist die Rolle von Paul Atkins, der prüft, ob der Handel mit Swap-Derivaten – außerbörslichen Finanzverträgen – ordentlich läuft. Atkins hat nebenbei auch noch Präsident Trump beraten. Wegen eines Geldwäscheskandals in Russland dürfte bald noch ein sechster Aufpasser hinzukommen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%