Volkswagen schafft eigenen Zulieferer Fünf Faktoren für den Erfolg der VW-Komponentenwerke

Seite 2/3

Wettbewerber bleiben gelassen

Die Wettbewerber sehen der möglichen neuen Konkurrenz gelassen entgegen. „Als Karosserie-Spezialist hatten wir schon immer die Inhouse-Fertigung der Autobauer zur Konkurrenz“, sagt Arndt Kirchhoff, Chef der gleichnamigen Zulieferer-Gruppe. „Deshalb könnte es für uns sogar von Vorteil sein, wenn wir in einem fairen Wettbewerb mit den VW-Komponentenwerken konkurrieren könnten.“ Der Verdacht: Bislang wurden die eigenen Werke zum Teil bevorzugt, um die Auslastung zu erhöhen – auch wenn der externe Zulieferer günstiger war. Künftig könnte das beste Angebot zum Zug kommen – vorausgesetzt, der Wettbewerb läuft wirklich offen ab.

2. Werden die Komponentenwerke ein wettbewerbsfähiges Portfolio haben oder bleibt der Fokus auf der klassischen Teile-Produktion?

Bislang ist die VW-Komponentenfertigung, die Müller als „weithin unterschätzte Stärke des Volkswagen-Konzerns“ bezeichnete, ein Querschnitt des klassischen Automobilbaus: Presswerke für den Karosseriebau, Instrumententafeln für den Innenraum oder ganze Getriebe und Motoren werden entworfen, hergestellt und zusammengebaut. Was fehlt sind aber die Bauteile, die aktuell die Branche prägen: Batterien, Elektromotoren, Fahrassistenten.

Sinnbildlich dafür steht das Werk in Braunschweig: Dort werden Vorderachsen (1,7 Millionen Exemplare in 2015), Hinterachsen (3,8 Millionen Stück), Lenkungen (2 Millionen Einheiten) oder Stoßdämpfer für verschiedenste Konzernmarken hergestellt. Parallel werden noch Maschinen, Fertigungsanlagen, Werkzeuge und Formen gebaut. Alles Teile, für die auch spezialisierte Hersteller im Markt aktiv sind, die mit VW zusammenarbeiten, aber zugleich auch konkurrieren.

Der Haken an der Sache: Zulieferer, deren Produkte eher vom Produktionsprozess als durch Innovationen getrieben sind, sind leichter zu ersetzen – und werden sich laut der Commerzbank-Studie eher unterdurchschnittlich entwickeln. Hohe Margen stecken in innovationsstarken Bereichen wie der Digitalisierung und Vernetzung. Doch ob Volkswagen das an den eigenen Zulieferer auslagert oder doch bei VW-Pkw behält, ist unklar.

Wie VW im ersten Halbjahr abgeschnitten hat

Sicher ist: „Komponenten wie Karosserien, Fahrwerk und Achsen bleiben auch in Zukunft wichtig“, sagt Commerzbank-Experte Gronemeier. „Auch künftige Elektroautos benötigen solche Bauteile. Aber dort wo kein Wachstum mehr verzeichnet werden kann, wird die Marge tendenziell sinken.“

3. Erhalten die Komponentenwerke eine eigene Entwicklungsabteilung?

Der Preisdruck ist hoch, wer sich aber am Markt halten und anspruchsvolle Kunden wie VW zufriedenstellen will, muss auch Innovationen bieten. „Früher haben wir – zugespitzt formuliert – nur das gebaut, was auf der Konstruktionszeichnung war“, sagt Karosseriebauer Kirchhoff. „Heute sind wir alle auch Entwicklungsdienstleister für unseren Fachbereich.“ Nur zu produzieren sei heute zu wenig. „Innovation ist die Kernkompetenz der deutschen Industrie. Nur so können wir im Wettbewerb mit asiatischen oder anderen Unternehmen bestehen – das gilt für Autobauer, wie Zulieferer.“

Der Entwicklung – seien es Innovationen im klassischen Autobereich wie etwa Leichtbau oder die Megatrends Elektrifizierung und vernetztes sowie autonomes Fahren – wird also eine bedeutende Rolle zukommen. „Mittel- und langfristig hilft es natürlich, die großen Branchentrends zu antizipieren und durch eigene Entwicklungen, Zukäufe oder Kooperationen auf die sich anbahnenden Veränderungen zu reagieren“, sagt Gronemeier.

Aus genau diesem Grund hat etwa ZF Friedrichshafen den US-Konkurrenten TRW übernommen. Am Bodensee herrschte zwar eine ausgewiesene Hardware-Kompetenz, das Elektro-Know-how der Amerikaner musste aber für mehrere Milliarden zugekauft werden. Auch der weltgrößte Autozulieferer Bosch sowie der aufstrebende französische Konkurrent Valeo haben in den vergangenen Monaten kräftig eingekauft – wegen des Know-hows, nicht des Umsatzes.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%