Um den Ruf chinesischer Autos in Deutschland zu beschreiben, bedarf es nur eines Namens: Landwind. Unter dieser Bezeichnung bot Jiangling Motors im Jahr 2005 erstmals ein Auto in Europa an. Es war so, wie es viele Europäer erwartet hatten – klapprig und unsicher.
Der Nachbau des Opel Frontera und Isuzu Rodeo, fiel bei Crashtests krachend durch. Die geräumige Karosserie und Details wie eine serienmäßige Klimaanlage oder Ledersitze konnten die eklatanten Mängel bei Bremsweg, Fahrverhalten und Sicherheit bei weitem nicht ausgleichen. Der Landwind entspreche noch nicht den hohen europäischen Sicherheitsstandards, bilanzierte der ADAC.
Als nur kurze Zeit später der Autobauer Brilliance – in China immerhin Joint-Venture-Partner von BMW – einen Versuch in Europa wagte, sah das Ergebnis ähnlich aus. Nur einen von fünf möglichen Sternen im EuroNCAP-Crashtest: Miserable Verkaufszahlen waren die Folge.
Ankündigungen gab es viele, der Erfolg aber blieb aus. Auf dem Autosalon in Genf zeigte sich vor einigen Jahren ein Hersteller namens Qoros. Allerdings kämpft das Unternehmen heute noch mit mauen Verkäufen in China selbst, an Europa ist derzeit nicht zu denken.
Chery und Wey stellen sich auf der IAA vor
Jens Steingräber ist davon überzeugt – schließlich ist er Chef von Wey. Schutz für die Insassen beteuert der Manager, ohne den Namen Landwind zu nennen, stehe bei ihm ganz oben auf der Agenda. „Sicherheit ist die Voraussetzung für Premium“, sagt Steingräber und schiebt eine Kampfansage hinterher: Den europäischen Premiummarken „steuern wir mit einem konkurrierenden Produkt entgegen, das bei den Aspekten wie Sicherheit und Ausstattung kein Follower ist, sondern vorangeht.“
Die wichtigsten Premieren der IAA
Mit dem elektrischen Maybach Vision 6 Cabrio und einem 3 Millionen Euro teuren AMG-Sportwagen auf Formel-1-Basis sprengt Mercedes-Benz die üblichen Dimensionen. Auf höhere Stückzahlen dürfte die neue X-Klasse kommen, mit der Daimler in die Pick-up-Sparte startet. Mit dem Concept EQ zeigen die Schwaben ihre Elektro-Kompetenz. Technisch interessant ist auch der GLC F-Cell, der weite Strecken mit der Brennstoffzelle zurücklegt und über eine Batterie mit Strom geladen werden kann, wenn keine Wasserstoff-Tankstelle in der Nähe ist.
Bei Volkswagen ist der neue Polo die wichtigste Innovation. Der einstige Kleinwagen ist längst auf Golf-Niveau gewachsen und soll 2018 auch als SUV kommen. Aus dieser überaus beliebten Fahrzeugklasse stammen auch der etwas größere T-Roc und der „City-SUV“ Arona der Konzerntochter Seat. Deren Schwester Skoda hat mit dem Karoq ebenfalls einen neuen Hochbeiner im Programm. Die VW-Nobelmarke Audi stellt mit dem A8 ihr neues Flaggschiff vor, das bis 60 km/h vollständig autonom unterwegs sein soll. Der Elektro-Bulli I.D.Buzz gibt einen Ausblick in die elektrische Zukunft von Volkswagen.
Porsche lässt einstweilen die Finger von Stickoxid-verdächtigen Diesel-Motoren und präsentiert den dritten Cayenne-SUV vorerst ausschließlich mit zwei markentypischen Benzin-Sechszylinder-Motoren mit 340 beziehungsweise 440 PS.
Der zum französischen PSA-Konzern gewechselte Hersteller Opel kann bereits die zweite Kooperation mit den Franzosen vorzeigen. Nach dem Crossland kommt auf Basis des erfolgreichen Peugeot 3008 der Grandland als mittelgroßes SUV angefahren.
Auch BMW will weiter gut am SUV-Boom verdienen und stellt mit X3 und X2 gleich zwei neue Modelle in die Schauräume. Das etablierte Elektro-Mobil i3 wird um ein sportliches Modell i3s erweitert.
Noch ziemlich weit von der Serie entfernt sind autonome Fahrzeuge, die bei der IAA auf einem Extragelände unterwegs sind. Auf dem Parcours vor der Halle 3 sind unter anderem VW, Audi, Daimler sowie die Zulieferer Continental, ZF und Bosch aktiv.
Um diesen Anspruch zu untermauern, hat Wey eine aufsehenerregende Aktion gewagt. Bei einem Dachfestigkeitstest nach US-Standards haben die Chinesen das dreieinhalbfache Fahrzeuggewicht aufgelegt, vorgeschrieben ist nur das Dreifache. Bei dem Test saß Steingräber persönlich in dem Auto – wohl wissend, dass seine Ingenieure die Konstruktion für das vierfache Gewicht berechnet haben.
Eine Demonstration zu Marketingzwecken, keine Frage. Wey ist noch ein wenig um Aufmerksamkeit bemüht, schließlich ist die Marke erst im April an den Start gegangen. Als Teil des Großkonzerns Great Wall soll Wey als Premium-SUV-Marke das Aushängeschild werden – quasi wie Audi bei VW. Um der Sache Glaubwürdigkeit zu verleihen, hat Firmengründer Wei Jianjun die Marke nach sich selbst benannt – international tritt Wei unter dem Namen Jack Wey auf.
Wo Wey hin will, sind heute schon Marken wie Land Rover zu nennen, aber auch Bentley und nicht zuletzt alle deutschen Premiumhersteller bauen jede Menge SUV. Das Ziel der Marke Wey ist ein bezahlbares Premium-Erlebnis für Jedermann. „Jack Wey wollte einen Gegenpol zu den bekannten Premiummarken bilden, die in China mit einem exorbitanten Preisaufschlag verkaufen“, sagt Steingräber.
Zum Launch der Marke brachte Wey das Mittelklasse-SUV VV7s, inzwischen wird auch das etwas kleinere Modell VV5s verkauft. Das Topmodell kostet umgerechnet etwa 20.000 Euro, inklusive Vollausstattung mit modernem Infotainmentsystem und zahlreicher Fahrassistenten. „Der Plan für August waren 5.000 Fahrzeuge, es sind aber über 7.000 geworden“ sagt Steingräber sichtlich stolz. „Wir hatten bis Ende 2017 50.000 Einheiten als Ziel, erwarten aber inzwischen 80.000 Autos.“
Die Fakten zur 67. Internationalen Automobilausstellung
Auf dem Messegelände an der Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main.
Am 12. und 13. September ist die Messe nur für Medienvertreter geöffnet. Am 14. September wird die Messe offiziell von Kanzlerin Merkel eröffnet, allerdings auch dann nur für Fachbesucher. Vom 16. bis zum 24. September darf dann auch das breite Publikum gegen Eintritt die Messe besuchen.
2017 sind rund 1000 Aussteller auf einer wegen Bauarbeiten geschrumpften Fläche von etwa 200.000 Quadratmetern dabei. Mehr als 50 Automarken sind vertreten, wenn auch einige Hersteller auf einen teuren Messe-Auftritt verzichten.
Neben den Premieren wichtiger Modelle und Showcars zeigen die Hersteller auch ein Best-Of ihrer aktuellen Produkte. Wichtige Themen sind zudem die Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge sowie alternative Antriebe und fortschrittliche Verbrenner.
Fachbesucher: 45 Euro (47 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Wochenende: 14 Euro (16 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Werktag: 12 Euro (14 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket Schüler/Studenten: 7,50 Euro (7,50 Euro an den Kassen vor Ort)
Tagesticket ermäßigt: 7,50 Euro an den Kassen vor Ort
Über solche Stückzahlen kann Anning Chen nur schmunzeln. Chen ist Chef von Chery, dem nach eigenen Angaben größten Fahrzeugexporteur der Volksrepublik. Vor 20 Jahren wurde das Unternehmen als Motorenbauer gegründet. Mehr als 700.000 Autos hat die Marke im Jahr 2016 verkauft, daneben produziert Chery Jaguar und Land Rover für den chinesischen Markt. Chery steht außerdem für 30 Prozent der chinesischen Auto-Exporte. In Frankfurt stellte Chen mit dem Exeed ein neues Top-Modell der Marke vor. Das SUV soll „die Marke auf das Level der Wettbewerber“ bringen.