Zukunft der Banken Banken sind Oldtimer. Was für ein Klischee!

Commerzbank-Vorstand Michael Mandel und Valentin Stalf, Gründer des Fintechs N26, streiten über digitale Kunden und das Ende der Filialen.

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Streitgespräch: Zukunft der Banken. Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Herr Stalf, mit N26 wollen Sie das Bankgeschäft digital revolutionieren. Wann waren Sie das letzte Mal in einer Bankfiliale?

Valentin Stalf: Historisch bedingt habe ich neben meinem Konto bei N26 noch ein zweites bei einer traditionellen Bank. In deren Filiale gehe ich grundsätzlich nur, wenn ich muss. Das passiert, weil Funktionen online nicht verfügbar sind oder die App nicht funktioniert. Für Menschen, die digital leben, spielt die Filiale keine Rolle mehr.
Sie könnten sich dort beraten lassen.
Stalf: Damit begründen Banken immer die Existenz der Filialen, aber die Realität sieht längst anders aus. Berater kennen ihre Kunden meistens gar nicht persönlich und empfehlen Produkte, die der Computer vorgibt. Ich sehe da keinen Vorteil, wir beraten digital mindestens gleichwertig und auch noch günstiger. Ich glaube nicht, dass es in zehn Jahren noch viele Filialen geben wird.
Michael Mandel: Das hat man vor zehn Jahren schon gesagt, aber die Kunden sind anderer Meinung. Täglich besuchen bis zu 450.000 unsere Zweigstellen, und unsere Analysen zeigen, dass sich auch im Jahr 2020 rund 70 Prozent der Deutschen eine Bank mit Filialen wünschen. Die sehen dann vermutlich anders aus als heute: Wir bauen Standorte zu kleineren City-Filialen um, in anderen erweitern wir das Angebot. Ein Auslaufmodell ist die Filiale noch lange nicht.

So soll das neue Filialnetz der Commerzbank aussehen

Aber ihre Nutzung geht deutlich zurück
Mandel: Das Kundenverhalten ändert sich, wir setzen stärker auf digitale Kanäle. Wenn Menschen eine Immobilie finanzieren, ist das meist eine Lebensentscheidung, bei der das persönliche Gespräch unverzichtbar bleibt. Ähnlich sieht das bei komplexen Themen wie der Altersvorsorge aus. Und nach Ereignissen wie dem Votum für den Brexit oder der Wahl in den USA führen unsere Berater Tausende Gespräche. Persönlich.
Stalf: Mit Ihren Umfragen machen Sie es sich zu leicht. Sie erfassen nicht, wie schnell digitale Angebote das Kundenverhalten ändern. Vor ein paar Jahren hat kein Telekomanbieter erwartet, dass SMS als Umsatzbringer wegfallen, heute hat WhatsApp sie größtenteils abgelöst. Ähnliches erwarte ich im Bankgeschäft. Wir als junger, digitaler Anbieter werden profitieren. In knapp zwei Jahren haben wir 200.000 Kunden gewonnen und sind eine der monatlich am schnellsten wachsenden Banken Europas.


Mandel: Das behaupten Sie, aber wir als traditionelle Bank wachsen deutlich schneller als Sie. In den vergangenen vier Jahren haben wir eine Million Kunden gewonnen und wollen die Zahl bis 2020 verdoppeln. Um das zu erreichen, kann ich mir sogar vorstellen, unser Filialnetz weiter auszubauen.

Stalf: Ihr Wachstum ist teuer erkauft, Sie ‧geben viel Geld für Werbung und Lockangebote aus und verdienen wenig dabei. Wir erreichen Kunden fast ohne Marketingbudget über ein herausragendes Produkt.
Mandel: Wir wachsen profitabel, darauf kommt es an. Ich finde, es gibt in der Debatte einfach viel zu viele Klischees. Es stimmt nicht, dass auf der einen Seite die jungen dynamischen Angreifer und auf der anderen die alten schwerfälligen Tanker stehen. Das hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Wir richten unser Geschäft komplett digital aus und haben mit der Comdirect seit Jahren ein digitales und sehr erfolgreiches Angebot.

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