BrandIndex

Dating-Portale sind omnipräsent

Holger Geißler
Holger Geißler Psychologe, Werbepsychologe

Parship, Elitepartner und eDarling erreichen mit ihrer Werbung einen Großteil der Deutschen. Beliebt sind die Plattformen aber nicht. Müssen sie das überhaupt sein?

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Parship, Elitepartner und eDarling erreichen mit ihrer Werbung einen Großteil der Deutschen. Quelle: dpa

Wenn Werbung zum Mem wird, dann hat sie es geschafft. Sie hat sich dauerhaft im Bewusstsein der Verbraucher verankert. „Die längste Praline der Welt“ ist ein Beispiel oder auch der Ausspruch: „Sie baden gerade Ihre Hände darin.“ Sie haben Eingang in die Alltagssprache gefunden und dienen als Pointen – seit Jahrzehnten. Nachdem das Unternehmen jahrelang damit geworben hat, scheint nun auch Parship kurz davor zu sein, den Slogan „Alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship“ zum Mem werden zu lassen. Im BrandIndex können wir beobachten, wie sich das auf die Einschätzung der Marke durch Verbraucher auswirkt.

Dass Parships Elf-Minuten-Spruch so präsent ist, liegt an der enormen Werbeaufmerksamkeit, die die Marke zurzeit bekommt. Mehr als ein Viertel der Deutschen geben an, sie hätten in den vergangenen zwei Wochen Werbung von Parship wahrgenommen. Damit ist eine Aufmerksamkeitsschwelle überschritten, die es erlaubt Witze über die Kampagne zu machen, ohne befürchten zu müssen, dass sie wegen Unkenntnis nicht verstanden werden. So schrieb etwa der Postillon satirisch über einen Single, der sich alle elf Minuten auf Parship verliebte und ein Bild, das ein Paar beim „Paarschippen“ zeigte, wurde auf Facebook zigtausendfach geteilt. Die Mem-Maschine läuft.

Wenn schon nicht für einen selbst, wie steht es um die Weiterempfehlung?

Die Konkurrenz schläft allerdings nicht: Elitepartner ist fast ebenso präsent mit Werbung: Ein knappes Viertel der Deutschen kann sich daran erinnern. Nur zum Mem hat es für die „Singles mit Niveau“ noch nicht gereicht. Der Unterschied, der sich daraus für das Interesse der Verbraucher an den beiden Marken ergibt, ist jedoch gering. Beide konnten trotz der vielen Werbung bisher nur etwa ein Prozent der Verbraucher als Kunden gewinnen – und dabei haben wir den Kreis der Befragten schon auf diejenigen eingeschränkt, die angeben die jeweilige Marke zu kennen. Selbst unter Markenkennern, die angeben aktuell Single zu sein, ist die Quote kaum höher.

Nun könnten diese aus werbestrategischer Sicht bedenklichen Werte damit zu tun haben, dass Verbraucher in Befragungen nicht gerne zugeben möchten, dass sie auf Dating-Portalen aktiv sind und deshalb schweigen. Behelfen wir uns also mit einem kleinen Trick und fragen die Markenkenner: Würden Sie diese Website einem Freund oder einer Kollegin empfehlen oder eher abraten? Rechnen wir Positiv- und Negativ-Nennungen gegeneinander auf und normieren das Ergebnis auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten, dann landen beide Portale tief im negativen Bereich: Parship bei -21 und Elitepartner bei -23 Punkten. Auf demselben Niveau liegt eDarling, eine Plattform, die zurzeit ebenfalls durch erhöhte Werbeaktivität auffällt. Ein weitaus unbekannterer Anbieter, der auch deutlich weniger wirbt, schneidet noch besser ab: Die Weiterempfehlungsbereitschaft für Neu.de liegt bei nur -9 Punkten. Interessant ist an dieser Stelle der Seitenblick zu Tinder, die wir in Frankreich, aber noch nicht in Deutschland, tracken: Dort liegt die Weiterempfehlungsbereitschaft mit -5 Punkten ebenfalls nur geringfügig besser als bei den deutschen Datingportalen.

Unsere Daten geben einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Deutschen die Online-Partnerschaftsbörsen tatsächlich nicht aus eigener Erfahrung kennen: Eine Mehrheit der Befragten will sich weder positiv noch negativ zu den Anbietern äußern.

Bleibt festzuhalten: Dating-Portale haben zumindest in der breiten Bevölkerung ein Image- und Akzeptanz-Problem und die aktuellen Werbekampagnen vermögen wenig daran zu ändern – virales Mem hin oder her.

Aber vielleicht geht es darum auch gar nicht: Wenn sich heute ein Single auf Partnersuche begibt, dann muss das Dating-Portal unmittelbar präsent und im Relevant-Set verankert sein. Und dies scheint den Anbietern durchaus zu gelingen, wie die hohen Aufmerksamkeitswerte bescheinigen. Man darf sich allerdings fragen, ob die zielgruppengerechte Aussteuerung der Kampagnen funktioniert, wenn so viele Nicht-Singles die Werbung so stark erinnern. Aber, der Beziehungsstatus kann sich ja schnell ändern. Und so wird aus dem Nicht-Single von heute vielleicht der Elitepartner von morgen.

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